Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit.“ Das sagt Artikel 2 unseres Grundgesetzes. Ist dieser
Satz der Interpretation nach dem Motto: „ja, aber, und zwar…“
zugänglich? Das ist er nicht, er ist von schöner Klarheit. Die
Beschneidung eines männlichen Babys ist eine Körperverletzung. Da es
dafür keine medizinische Indikation gibt, darf sie auch kein Arzt
vornehmen. In das Recht auf körperliche Unversehrtheit darf der
Bundestag allerdings mit einem Gesetz eingreifen. Dazu hat er jetzt
einen Anlauf unternommen. Der Vorschlag der Bundesregierung, die
Körperverletzung an Babys zuzulassen, wenn sie nach den Regeln der
ärztlichen Kunst erfolgt, geht fehl. Weil er ein Einfallstor öffnete,
das auf immer verschlossen bleiben muss. Die Schutzfunktion des
Artikel 2 darf nicht angetastet und der Erosion ausgesetzt werden.
Dahinter muss auch das Recht auf die Religionsfreiheit und das Recht
der Eltern auf Erziehung zurückstehen. Das Argument, es handele sich
bei der Beschneidung doch um eine Jahrtausende alte Tradition,
befördert das Grundgesetz auf das kulturelle Niveau der
Voraufklärung. Das Recht auf Religionsfreiheit schließt nicht das
Recht auf Körperverletzung ein. Genauso wenig wie das Recht auf
Erziehung die Anwendung der Prügelstrafe an Kindern einschließt. Mit
dem Beitritt zur UN-Kinderrechtskonvention hat sich die
Bundesrepublik zudem dazu verpflichtet, überlieferte Bräuche
abzuschaffen, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind. Dem
Respekt vor anderen als der christlichen Religion tut es keinen
Abbruch, die Entscheidung für oder gegen eine Beschneidung den Eltern
aus der Hand zu nehmen und sie dem einwilligungsfähigen jungen Mann
zu überlassen. Dem Rechtsfrieden in Deutschland dient am besten der
Respekt vor Buchstaben und Sinn der Verfassung.
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