Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Massenboykott der Nobelpreisvergabe
Warnsignal

Was dem Frieden dienlich ist, hat bislang die
westliche Welt entschieden. Egal ob über internationale
Organisationen wie UNO und Weltbank, Militärbündnisse wie die NATO
oder (angeblich) nichtstaatliche Vereinigungen wie das Internationale
Olympische Komitee – das Abendland glaubt an seine Patentrezepte für
eine bessere Welt und setzt sie mit dem nötigen Druck durch. Auch mit
dem Friedensnobelpreis wird von jeher Politik gemacht. Das
fünfköpfige Komitee in Oslo, das über den Preisträger befindet, ist
der westlichen Demokratie verpflichtet. Und es weiß genau, was es
tut, wenn es inhaftierten Dissidenten wie einst Aung San Suu Kyi in
Burma oder wie in diesem Jahr dem chinesischen Menschenrechtler Liu
Xiaobo die höchste Auszeichnung zukommen lässt. Doch nie waren die
Folgen so spürbar wie jetzt. Ein Teil der 192 souveränen Staaten der
Welt ist nicht mehr gewillt, die Entscheidung, an denen er nicht
beteiligt war, mitzutragen. 19 Länder haben sich der düpierten
chinesischen Regierung angeschlossen und werden der Zeremonie
fernbleiben. Dass Peking diesen Ländern für den Fall, dass sie der
Veranstaltung beiwohnen, mehrfach mit Konsequenzen gedroht hat, ist
eine Zumutung. Und doch ist auch das nur Politik. China lässt die
Muskeln spielen. Dass diese Länder der Einschüchterung Folge leisten,
ist ein Warnsignal für den Westen. Ähnlich wie bei den Olympischen
Spielen, bei denen China auf Randsportarten setzte und damit erstmals
im Medaillenspiegel an der Spitze stand, setzt Peking international
auf die Länder, die sich abgehängt und ignoriert fühlen. In Asien,
Afrika, Südamerika und der arabischen Welt ist längst das Reich der
Mitte tonangebend. Die illustre Runde der Boykottierer beweist es.
Wenn der Westen nicht aufpasst, entscheidet China in Zukunft, was dem
Frieden dienlich ist.

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