Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Bundestag verabschiedet Spanienhilfe Prinzip Hoffnung ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Die Eurorettung der Bundesregierung hat etwas
von einer Schiffsfahrt durch dichten Nebel. Man ist erleichtert,
solange die Klippen umschifft werden. Aber es will nicht richtig
aufhellen. Keine Spur vom befreienden Ufer. Den Abgeordneten, die
über das Wohl und Wehe anderer Staaten mitbestimmen müssen, steht der
Schweiß auf der Stirn. Auch wenn sie wissen, was sie tun, und sich
durch hunderte Seiten voller Fachchinesisch durchgearbeitet haben,
können sie die Folgen ihrer Abstimmung kaum überblicken. Es herrscht
das Prinzip Hoffnung. Im Rettungsschirm stehen nun bis zu 100
Milliarden Euro für die spanischen Sparkassen und Banken bereit. Wenn
es reicht und hilft, geht das krisengeschüttelte Land vielleicht ein
paar Schritte in Richtung Gesundung. Wenn es nicht klappt wie
geplant, muss doch noch ganz Spanien unter den Euro-Rettungsschirm
schlüpfen. Da wird es ungemütlich eng. Die SPD schimpft auf die
Kanzlerin, weil sie die Eurorettung nicht vernünftig erklärt. Das
stimmt. Aber Sozialdemokraten und auch Grüne stimmen der Spanienhilfe
trotzdem zu. Nicht dass es keine Alternativen gäbe: Die gibt es
immer. Man könnte zum Beispiel die Sparkassen und Banken pleitegehen
lassen, wie es manche Euroskeptiker fordern. Glaubt aber jemand
ernsthaft, dass ein abstürzendes Spanien unsere Volkswirtschaft
unberührt ließe? Deutsche Banken sind allein mit 41 Milliarden Euro
im spanischen Finanzsektor engagiert. Man könnte natürlich auch den
Bankensektor verstaatlichen, wie es die Linke fordert. Aber seit wann
glauben Erwachsene an Ammenmärchen? Der Spanienhilfe zuzustimmen, wie
es gestern die meisten Abgeordneten machten, ist die bessere
Alternative. Auch wenn es Risiken und keine Garantien gibt. Wie heißt
doch das kölsche Grundgesetz? „Et hät noch emmer jootjejange.“

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de