Muammar al Gaddafi droht seinem Volk mit Krieg –
und keiner hört hin. Die Libyer haben nichts mehr zu verlieren, denn
sie wissen: Schlimmer kann es für sie kaum noch werden. 42 Jahre
wurden ihre Bürger- und Menschenrechte mit Füßen getreten;
Oppositionelle verfolgt, in die Kerker geworfen, umgebracht; der
Ölreichtum ihres Wüstenstaates vom Gaddafi-Clan verprasst. Und
deswegen sind die Menschen nun entschlossen, diese Despotenmafia zu
verjagen. Niemand glaubt Gaddafi seine plötzlichen Reformversprechen,
die sein Sohn Saif al Islam in einer improvisierten Fernsehansprache
verkündete. Ein zynischer Auftritt, der mehr einem Verzweiflungsakt
kurz vor dem nahenden Ende glich und der den Volkszorn eher noch
anstachelte, zumal zur gleichen Zeit Demonstranten in der Hauptstadt
Tripolis zusammengeschossen und Dutzende von ihnen getötet wurden.
Weder Schüsse noch Panzer können das libysche Volk noch aufhalten,
welches sich inzwischen im ganzen Land gegen seinen unbarmherzigen
Herrscher erhoben hat. Eine Revolution, der sich die Geistlichen,
Soldaten und sogar Regime-Mitglieder anschließen und die den
„Revolutionsführer“ hinwegfegen wird – soweit der „Bruder Führer“
nicht ohnehin schon das Weite gesucht hat, wofür manches spricht.
Europa hat spät, zu spät, gemerkt, welches Drama sich im Zuge der
libyschen Revolution auf der anderen Seite des Mittelmeers abspielte:
Massaker, Verbrechen gegen die Menschlichkeit – eben das, was Gaddafi
schon immer gut konnte. Wegschauen, Schönreden, Geschäfte mit
Unrechtsregimes machen, das gehört im Westen zum politischen
Geschäft. Erst recht, wenn große Mengen Erdöl im Spiel sind wie im
Falle Libyens. Eine fatale Abhängigkeit, welche nun die
Rohstoffbörsen erzittern lässt.
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