Was tun, wenn jetzt der Euro zusammenbricht?
Wenn sich die europäische Einigung in heiße Luft auflöst, es zur
Kernschmelze des internationalen Finanzsystems kommt, die
Weltwirtschaft kollabiert, die schwerste anzunehmende Krise den
gesamten Globus trifft? Anlagen in Gold helfen dann nicht mehr.
Immobilienbesitz ist unverkäuflich. Die Flucht in fremde Währungen –
lächerlich. „Dann hilft nur noch eine Pistole“, sagen ausgerechnet
einige Finanzexperten. „Die braucht man, um sich selbst und den
überlebenswichtigen Gemüsegarten zu verteidigen.“ Wer weiß schon, wie
groß der Anteil von beißendem Zynismus in diesem Ratschlag ist? Dabei
ist die Botschaft vollkommen klar. Die Rettung des Euros ist
überlebenswichtig. Alles andere mündet in eine Katastrophe. Und wer
ist schuld daran, dass wir uns mit immer neuen Schritten dieser
Katastrophe nähern? Die Ratingagenturen natürlich. Die Schurken, die
Saboteure, die Finanzverbrecher in den Ratingagenturen. So ist der
Mensch, so funktioniert die Politik. Einer muss schuld sein. Haben
nicht die Agenturen die Finanzkrise erst heraufbeschworen, weil sie
viel zu spät erkannten, dass die amerikanischen Hypothekenpapiere,
denen sie noch immer die höchsten Gütesiegel verpassten, längst zu
Giftmüll geworden waren? Sind sie nicht nur deshalb so streng mit
Europa, weil sie Angst vor einer erneuten Blamage haben? Haben sie in
der Vergangenheit nicht nur deshalb zu lange mit anderen Augen auf
die amerikanische Bonität gesehen, weil sie abhängig sind von den
USA? Mag sein, dass in all dem viele Funken Wahrheit stecken.
Andererseits sollte niemand über dem Rating-Ärger vergessen, dass die
Agenturen das aussprechen, was die Politik zu sagen sich nicht traut.
Griechenland ist am Ende, ist pleite, ist zahlungsunfähig. Deshalb
ist das Schimpfen auf die Ratingagenturen zwar gut für das Gemüt. Aus
der Krise hilft es aber nicht. Was Europa braucht, ist
Entschlusskraft. Wer von Griechen, Italienern, Portugiesen scharfe
Einschnitte verlangt, darf nicht selbst mit Blick auf kommende Wahlen
in politische Tändeleien verfallen. Die europäische Hängepartie macht
auf dem internationalen Finanzmarkt einen viel verheerenderen
Eindruck als die Herabstufungen durch die Ratingagenturen. Durch das
unerträglich lange Taktieren steht viel mehr auf dem Spiel als nur
der Euro. Die Einführung der gemeinsamen Währung war ein mutiger
Schritt überzeugter Europäer. Aber er war doch nur ein Auftakt für
viel mehr. Auf die Finanzunion muss die Wirtschaftsunion folgen, am
Ende muss der Traum vom geeinten Europa wahr werden. Wer dieses Ziel
aus den Augen verliert, der verschleudert tatsächlich Milliarden, der
legt griechischen Verbrauchern und deutschen Steuerzahlen für nichts
und wieder nichts riesige Bürden auf. Diese Krise ist die Nagelprobe
für Europa. Diese Botschaft muss endlich bei den Entscheidern in
Politik und Wirtschaft ankommen. Weil niemand von uns ernsthaft ein
Europa der Pistolenhelden will.
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