Schneller als erwartet hat die katholische
Kirche ihren Frieden gemacht. Nur zweieinhalb Wochen vor den höchsten
Feiertagen der Christen, dem Osterfest, haben die Kardinäle der
großen Weltkirche sich einen neuen Führer gegeben: Franziskus. Das
gibt Klarheit. Man mag schon an der Tatsache, dass erstmals der Name
Franziskus gewählt worden ist, erkennen, wie sehr dieser neue Papst
für eine Neubesinnung der Kirche stehen wird. Ein Jesuit an der
Spitze – es ist eine Revolution für die katholische Kirche. Ein Papst
erstmals aus Argentinien, von einem Kontinent, der die Kirche dort
hat wachsen lassen an der Seite des einfachen, armen Volkes. Schon am
demütig-schlichten ersten Auftritt des neuen Papstes – ohne große
Geste, mit einfachem „Vaterunser“, mit Dank an seinen Vorgänger, in
unschuldigem Weiß ohne Papstkrone – lassen sich die Leitplanken des
neuen Pontifikats ablesen. Der Kern seines Wirkens wird auf das
Wesentliche, den Dienst am Menschen und seine Erlösung gerichtet
sein. Das ist nicht die schlechteste Wahl für die katholische Kirche,
die in vielen Krisen steckt. Der emeritierte deutsche Papst Benedikt
XVI. hat seinem Nachfolger Franziskus ein üppiges Feld hinterlassen,
das der Bestellung bedarf. Es beginnt mit der Herausforderung einer
Neuordnung der Kirche nach innen und endet noch lange nicht mit der
Verteidigung der Weltbedeutung nach außen. Die römische Kurie selbst
bedarf der nachhaltigen Reform. Sie ist – nicht erst durch die
Vatileaks-Affäre um den Kammerdiener Benedikts, aber durch sie
dramatisch verschärft – bislang von Intrigen gelähmt. Es beschlich
den Beobachter häufig das Gefühl, dass diese Kirche so mit sich
selbst und ihren Defiziten beschäftigt, dass sie ihrer eigentlichen
Aufgabe, der Verkündung des Glaubens, nicht mehr ausreichend nachkam.
In der Mission, in der Verbreitung und Begründung des Glaubens aber
besteht ihre große Herausforderung. Nach wie vor ist die katholische
Kirche ein großer Richtungsgeber für die ganze Welt. Immer mehr
gläubige Menschen warten auf Antworten, die sich ihrer Lebensrealität
stärker annähern. Das beginnt bei der Frage nach dem Beginn und
Schutz des Lebens und der Lebensplanung und endet längst nicht bei
der Frage nach dem Schutz und der Betreuung von vergewaltigten Frauen
in katholischen Kliniken, die wir in Köln in Zweifel gezogen sahen.
Viermal waren die Oberhäupter aus allen Kontinenten vergeblich an die
Wahlurne gegangen. Trotzdem darf man die Entscheidung schnell nennen.
Das spricht für die Stärke dieser Weltkirche. Vielleicht ist es der
größte Dienst des Vorgängers Benedikt XVI. an seiner Kirche, dass er
mit dem ersten Rücktritt eines Papstes seit mehr als 700 Jahren die
Konventionen und Traditionen aufgebrochen und reformbereit gemacht
hat. Die historische Leistung des Nachfolgers Franziskus wird daran
zu messen sein, wie sehr er diese Reformbereitschaft für die
Erneuerung der Weltkirche zu nutzen weiß. Für die Stadt. Und für den
Erdkreis.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de