Unruhe, Gewalt, Terror, Bürgerkriege, Umstürze
im Irak, im Sudan, in Syrien, Libyen, Nigeria, Somalia – die Liste
ließe sich fortsetzen. Immer sind es islamistische Gruppen, die die
Macht an sich reißen wollen, egal ob sie Boko Haram, ISIS oder sonst
wie heißen. Im Westen könnte man schon Angst bekommen angesichts der
Vielzahl von Krisenherden und Gewaltakten. Denn erstens produzieren
solche Organisationen Angst und Schrecken vor Ort und gebären
zweitens Terrorgruppen, die nach dem Vorbild von El Kaida auch in
Europa und in den USA zuschlagen könnten. Der jüngste
Verfassungsschutzbericht hat warnend darauf hingewiesen. Allerdings
ist die Gefahr nicht so groß wie auf den ersten Blick zu vermuten.
Bislang scheinen alle diese Gruppen für sich allein zu kämpfen, einen
gemeinsamen Masterplan oder einen Kopf, der ihre Ziele bündeln
könnte, gibt es nicht. Erst dann würde es wirklich gefährlich. Die
Erfolge der Terrorgruppen dürfen nicht überbewertet werden. Sie sind
nicht auf die enorme Stärke von ISIS und Co. zurückzuführen, sondern
auf die Schwäche ihrer Umgebung. Die Islamisten sind nicht Ursache,
sie sind die Folge der zusammenbrechenden korrupten Regime, die
staatliche Ordnungen nicht mehr garantieren können. Dort, wo sie
Erfolge feiern, existieren praktisch keine Staaten mehr, keine Regeln
und keine Autoritäten, die die Einhaltung der Regeln sicherstellen
könnten oder die wenigstens stark genug und willens wären, einen
Dialog zu organisieren. Die Islamisten stoßen überall in ein Vakuum.
Das ist die einzige Gemeinsamkeit all dieser Krisenherde. Bei einigen
Gruppen vielleicht noch eine zweite: die Hoffnung auf ein Kalifat,
einem islamischen Großreich, das nach jahrhundertelangem Siechtum in
Folge des Ersten Weltkrieges untergegangen ist. Allerdings hat auch
der Westen keinen Masterplan, hat ihn nie gehabt. Er ist darüber
hinaus nicht viel einiger als die Islamisten. Der Unterschied besteht
immerhin in existierenden Institutionen wie EU und NATO. Aber nicht
mal Europa ist sich aufgrund historischer Erfahrungen und
unterschiedlicher aktueller Interessen einig. Die USA denken und
agieren noch mal anders. Die Bereitschaft zu einem langen Atem hat
man weder diesseits noch jenseits des Atlantiks. Der aber ist
erforderlich, wenn man militärisch eingreift und wirklich etwas
Positives bewirken will – den Aufbau eines funktionierenden Staates,
in dem die Interessen aller Bevölkerungsteile berücksichtigt werden.
Auf dem Balkan ist es nur deshalb immer noch ruhig, weil dort immer
noch Truppen stationiert sind. Den Irak haben Amerikaner und Europäer
zuerst ohne jeden Grund verlogen überfallen und dann hastig allein
gelassen. Jetzt wundern sie sich, dass aufgrund haarsträubender
Politik der Regierung Maliki die ISIS-Banden für Unruhe sorgen und
damit zunächst Erfolg haben. Um nur ein Beispiel zu nennen. Libyen
wäre ein anderes. Solange es der westlichen Gemeinschaft nicht
gelingt, sich abzustimmen, gemeinsam vorzugehen auch im Sinne der
Menschen vor Ort, dabei eigene Interessen auch mal hinten
anzustellen, nachhaltig zu agieren, politische Staatenbildung zu
betreiben, wird es die oben beschriebenen Szenarien weiter geben. Es
ist kein neuer Kreuzzug nötig.
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