Die Bundesregierung und der Bundestag liefern
gerade ein Possenspiel ab. Die wenigen anwesenden Abgeordneten hatten
Ende Juni das neue Meldegesetz nahezu unbemerkt im Parlament
verabschiedet. Jetzt, da die Kritik daran von allen Seiten laut wird,
rudert die Bundesregierung zurück. Dabei hat sie das Gesetz selbst in
den Bundestag eingebracht. Der Sinneswandel kommt nicht von ungefähr.
Denn in letzter Minute hat der zuständige Innenausschuss das Gesetz
auf den Kopf gestellt. Es geht um den Umgang der Behörden mit den
Daten der Bürger, etwa ihren Adressen und vollständigen Namen. Der
ursprüngliche Entwurf sah vor, dass jeder Bürger einer möglichen
Weitergabe seiner Daten zustimmen muss. Plötzlich und mit einer
Formulierungshilfe des Innenministeriums sollen die Bürger der
Weitergabe nur noch widersprechen dürfen. Das macht in der Regel kaum
jemand. Der Datenschutz ist also praktisch ausgehebelt. Ausgerechnet
der Staat wird auf diese Weise zum großen Datenhändler, jener Staat,
der immer vor Datenhaien wie Google oder Facebook warnt. Das Kind
liegt schon fast im Brunnen. Nur der Bundesrat kann das Gesetz noch
stoppen und wird dies nach den massiven Protesten wohl auch tun. Doch
für die Bundesregierung ist der Vorgang mehr als peinlich. Die
eigenen Parteigänger im Parlament haben ihre Minister bloßgestellt.
Schlimmer noch, die Abgeordneten von Union und FDP setzen die
Interessen der Bürger auf den zweiten Rang und die der
Werbewirtschaft auf den ersten. Fadenscheinig klingt da die
Begründung des Innenministers, die neue Fassung sei für die
Verbraucher immerhin noch besser als die alte. Nein, der Vorgang
bedarf einer öffentlichen Erklärung. Sonst bleibt der Eindruck, dass
sich die Koalition von kleinen Lobbygruppen die Gesetze formulieren
lässt.
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