Die CDU besinnt sich auf ihren stärksten Wert –
Angela Merkel. Das ist die Botschaft, die von Leipzig ausgeht: Die
Bundeskanzlerin ist die unangefochtene Führerin der deutschen
Christdemokraten. Und die Partei folgt ihr. Es gibt niemanden mehr in
dieser Union, der ihr die Führung derzeit streitig machen kann. Weder
die aufmüpfigen und beim Mindestlohn drängelnden Ehrgeizlinge, Ursula
von der Leyen und Norbert Röttgen, noch gar der kluge, seriöse und
wertegebundene Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Und schon
gar nicht die inzwischen entsorgten früheren sogenannten jungen
Wilden Wulff, Koch, Oettinger etc. Die Bundeskanzlerin hat auf dem
Parteitag der Versuchung widerstanden zu kneifen: Sie hat sich nicht
vorbeigemogelt an den Streitthemen Mindestlohn, Kinderbetreuung,
Atomausstieg. Alles Themen, die sie ihren politischen Gegnern
weggenommen und damit neutralisiert hat. Sie hat außerdem ihrer
Partei ins Stammbuch geschrieben, dass die Antworten der 50er Jahre
nicht mehr reichen für das neue Jahrtausend. Das Merkel-Thema der
Profilierung aber wird Europa werden, soll Europa werden. Die
Kanzlerin, die sich immer noch damit schwertut, ihre Politik aus
einem konservativen Wertefundament – sie hat als pragmatische
Managerin der Macht vermutlich so eines gar nicht – zu erklären, hat
ihren zu Beginn wankelmütigen Kurs in der Euro-Rettung ganz
offensichtlich verlassen und die Herausforderung angenommen, das
Einigungswerk Helmut Kohls fortzuschreiben oder doch wenigstens nach
den heute dazu geeigneten Wegen zu suchen und diese zu gehen. Das
kann Optionen öffnen. Merkel schielt schon und nur noch auf den
Wahltermin 2013. Die kleinen Parteien FDP und Grüne erwähnte sie gar
nicht. Die SPD ließ sie für eine Parteitagsrede bemerkenswert
ungeschoren. Mehr noch: Merkel leitete ihre Politik aus Schröders
Agenda 2010 ab und aus den richtigen Euro- und finanzpolitischen
Entscheidungen der Großen Koalition, deren Finanzminister Peer
Steinbrück immerhin als ihr möglicher Herausforderer gelten kann. Sie
lobte die Rückkehr der großen Koalitionen in Berlin und
Mecklenburg-Vorpommern. Sie haderte mit den gescheiterten Bündnissen
in Hamburg (mit den Grünen) und in Baden-Württemberg (mit der FDP).
Merkels Union, das wird in Leipzig diesmal klar, wird 2013 anders als
2009 keinen Demobilisierungswahlkampf gegen das SPD-Lager führen. Sie
wird versuchen, mit Europa zu punkten. Und es wird nicht lange
dauern, bis sie mit einem harten konservativen Thema die eigenen
Reihen zu mobilisieren versucht. Das treibt die SPD in ein Dilemma.
Dagegen wird es für die Sozialdemokraten mit Steinbrück schwer. Also
– so ist Merkels Kalkül – kann und wird die Kanzlerin die Union klar
als stärkste Partei in eine große Koalition führen. Das alles mag aus
machtpolitischer Analyse stimmig sein. Begeistert aber ist die CDU
nicht, feiern wird sie diese Kanzlerin nie, lieben schon gar nicht.
Die Union in Leipzig nimmt es nur hin. Nicht mehr, nicht weniger.
Aber Liebe braucht Merkel auch gar nicht, solange sie die einzige
Machtperspektive für die Christdemokraten bleibt. Es ist wie ehedem
bei ihrem Ziehvater Kohl: Die Kanzlerpartei CDU hat sich ihrer
Kanzlerin Angela Merkel hingegeben.
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