Schon 2010 hatte Margot Käßmann, damals
Bischöfin und EKD-Ratsvorsitzende, recht, als sie sagte: „Nichts ist
gut in Afghanistan.“ Zwei Jahre später ist alles nur noch schlimmer.
Nach dem Video, das US-Marines beim Urinieren auf die Leichen von
Taliban-Kämpfern zeigte, nach der Müllentsorgung des Korans durch
US-Soldaten und dem Amoklauf eines vermeintlichen Einzeltäters in
einem afghanischen Dorf ist die Lage explosiv am Hindukusch. In
dieser Situation ist Angela Merkels Stippvisite in Masar-i-Scharif
ein gut gemeintes Zeichen an die dort stationierten
Bundeswehrsoldaten. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Wie heikel
die Lage wirklich ist, zeigten die missverständlichen Worte der stets
bedacht redenden Kanzlerin: Ja, es gebe Fortschritte, aber nicht
derart, dass sie heute sagen könne: „Wir schaffen das bis 2013/2014.
Der Wille ist da, wir wollen das schaffen, und daran wird
gearbeitet.“ Verständlich die Irritationen der Bündnispartner, die
längst lieber heute als morgen aus Afghanistan abziehen wollen.
Merkel sah sich genötigt zu der Klarstellung, dass es beim
Abzugstermin 2014 bleibe. Eine lange Zeit, in der täglich die Gefahr
wächst für die deutschen Soldaten und ihre Verbündeten. Es fällt
zunehmend schwer, an die Theorie psychisch gestörter Einzelgänger zu
glauben, die mit ihren Irrsinnstaten die Wut der Afghanen und der
Muslime weltweit erregen. Dieser Krieg macht krank, produziert
psychische Leiden eines Ausmaßes, das die Deutschen seit dem Zweiten
Weltkrieg nicht mehr kannten. Auch wer den Bundeswehreinsatz am
Hindukusch nie für angeraten hielt, darf seine Augen nicht
verschließen vor der Not der Soldaten. Es geht weniger um ihren Mut,
sondern um ihre alltäglichen seelischen Belastungen. Sie zu heilen
ist eine Aufgabe der Zukunft.
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