In Sachen Krim-Ukraine-Russland möchte die NATO
gern anderen den Vortritt lassen. Die Ukraine gehöre dem Bündnis
schließlich gar nicht an, heißt es. Weil es um politische Dinge gehe,
seien in erster Linie die EU und die Vereinten Nationen gefordert.
Das Nordatlantische Bündnis sei lediglich in zweiter oder gar dritter
Linie zuständig. Diese Darstellung ist reine Verlegenheit. So hätten
sie“s gern – und wissen doch genau: Stimmt nicht. Tatsächlich erleben
wir das Gegenteil. In der Statik des euro-atlantischen
Politik-Gebäudes gewinnt die NATO wieder an Bedeutung, und im Bündnis
selbst schiebt sich das Kerngeschäft der kollektiven Verteidigung in
den Vordergrund. In Wahrheit ist das NATO-Gerede vom „First
Responder“, den man bitte unter eine anderen Adresse suche, nur die
vornehme Version des Eingeständnisses, dass man an der Annexion der
Krim nichts ändern kann. Es fehlen die Mittel, Putin zurückzutreiben.
Das realistische Maximal-Ziel ist, ihn an diesem Punkt zu stoppen.
Das ist schwierig genug, zumal die rationale Abwägung der
längerfristigen Interessen Russlands im Kalkül des Präsidenten
offenbar nicht die Rolle spielt, wie das viele im Westen erwartet
hatten. Von der NATO sind Antworten gefordert, und sie hat sie auf
ihrem Brüsseler Außenminister-Treffen auch gegeben: Demonstrative
Bereitschaft zur Verteidigung des eigenen Territoriums, Abschied von
der „Partnerschaft“ mit Putin-Russland. So weit, so unvermeidlich.
Bedenklich: Natürlich verdienen die Nachbarn in der osteuropäischen
Schattenzone des vormaligen Sowjet-Imperiums – neben der Ukraine sind
das Georgien, Armenien, Moldawien und Aserbeidschan – die
Unterstützung auch der NATO. Aber hier droht der Akzent ins
Militärische zu verrutschen, in Form von Rüstungshilfe und
Kriegsübungen. „Möglichst viele Manöver in der Ukraine“, wie die
Übergangsregierung in Kiew wünscht? Das wäre der sicherste Weg, Putin
zu neuerlichen Kraftproben zu ermuntern.
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