So kann es kommen. Bis gestern Nachmittag waren
in Düsseldorf noch alle der Meinung den Zank um den Haushalt
routiniert bis zur dritten Lesung abwickeln zu können. Die rot-grüne
Minderheitsregierung gab sich optimistisch, in der dritten,
entscheidenden Lesung doch noch die eine oder andere Stimme aus der
Opposition gewinnen zu können. CDU, FDP und Linke machten ihrerseits
das, wozu eine Opposition da ist – opponieren. Sie versuchten für die
eigene Klientel noch etwas rauszuholen, die Regierung unter Druck zu
setzen. Vor allem aus der FDP gab es jedoch Signale, am Ende in
Teilen tatsächlich doch noch mit der Minderheitsregierung zu stimmen.
Haushalt und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wären gerettet. Und
jetzt das: Die Landtagsverwaltung teilte ihre Rechtsauffassung mit,
nach der schon das Ablehnen von Einzelposten des Haushaltes in der
zweiten Lesung die Ablehnung des Gesamthaushaltes bedeutet. Ende der
Regierung. Wenn diese juristische Auffassung Gültigkeit behält,
hätten sich alle Beteiligten ohne es zu wollen in Neuwahlen
manövriert oder zumindest in einen so nicht geplanten
Regierungswechsel. Denn gestern Abend blieben der FDP ein paar
Stunden, um sich doch noch offen auf Regierungsseite zu schlagen.
Denn Neuwahlen kommen den Liberalen nicht gelegen. Binnen 60 Tagen
verlassen sie nicht das Umfragetief von deutlich unter fünf Prozent.
Ende der FDP im Landtag. Auch die CDU ist nicht auf Neuwahlen
vorbereitet. Sie hat nicht mal einen Spitzenkandidaten. Landeschef
und Bundesumweltminister Norbert Röttgen müsste schneller
landespolitische Farbe bekennen als ihm lieb ist. Seine Berliner
Karriere geriete in Gefahr. Zumal die Konservativen mangels kleinem
Koalitionspartner kaum die Düsseldorfer Staatskanzlei erobern
könnten. Ende eines persönlichen Traumes für Röttgen. Rot-Grün wäre
zwar im ersten Zugriff gescheitert. Die Regierung hätte ihren
Haushalt nicht durchs Parlament gebracht. Aber aus dem Scheitern
könnte ein Sieg erwachsen. Denn es besteht die Chance, dass Neuwahlen
für sie zu einer stabileren Mehrheit führt. Gewinner wäre das Land
zwischen Weser und Rhein. Denn dauerhaft mit einer Minderheit zu
regieren, widerspricht dem demokratischen Gedanken, der der Mehrheit
verpflichtet ist. Eine Minderheitsregierung muss immer schachern. Wo
das hinführt zeigt die derzeitige unübersichtliche Lage.
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