Bislang hatte sich der sächsische
Verfassungsschutz nicht viel vorzuwerfen – zumindest offiziell. Zwar
konnte sich das NSU-Terror-Trio jahrelang im Freistaat versteckt
halten und von dort aus seelenruhig seine Mordserie vorbereiten. Doch
die eklatantesten Fehler wurden von den Kollegen im Nachbarland
Thüringen begangen, die nicht in der Lage waren, die vielen Hinweise
zu den untergetauchten Neonazis professionell auszuwerten. Auch immer
neue Schlampereien der Sicherheitsdienste, ein erschreckendes
Kompetenzwirrwarr und Aktenlöschungen in großem Stil wurden bislang
weniger mit Sachsen in Verbindung gebracht. Doch jetzt ändert sich
das Bild: Auch in Dresden sind Protokolle einer Telefonüberwachung im
Zuge der NSU-Ermittlungen von Verfassungsschützern zurückgehalten
worden. Diese scheinen so brisant zu sein, dass der Chef des
Landesamtes das Vertrauen zu seinen Mitarbeitern verlor und bitter
enttäuscht seinen Hut nahm. Das grobe Versagen und die späteren
Vertuschungsversuche der Verfassungsschutzämter trifft die
Gesellschaft ins Mark. Reinhard Boos ist jetzt schon der dritte
Verfassungsschutzchef, der im Zusammenhang mit der Zwickauer
Terrorzelle aus dem Amt scheidet. Ein solches Staatsversagen ist
bislang einmalig in der Bundesrepublik.
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