Gewiss, zur Euphorie besteht kein Anlass. CDU,
CSU und SPD stehen noch lange Koalitionsverhandlungen bevor. Und da
steckt der Teufel im Detail. Doch der gestrige Tag erlaubte immerhin
vorsichtigen Optimismus. Auf allen Seiten scheint es Lernfortschritte
zu geben. Wenn jetzt noch das gemeine SPD-Mitglied an der Basis die
eigene grummelnde Befindlichkeit überwindet, könnte aus der dritten
Großen Koalition noch etwas richtig Vernünftiges werden. CDU und CSU
haben verstanden, dass sie die Bundestagswahlen zwar haushoch
gewonnen haben, aber trotzdem auf die SPD zugehen müssen. Denn die
Zeit für Schwarz-Grün im Bund ist noch nicht reif. Und bei Neuwahlen
würde vermutlich die AfD in den Bundestag gelangen, was die Suche
nach einer tragfähigen Bundesregierung keinen Deut leichter machen
würde. Der Mindestlohn findet zudem seit langem schon Anhänger in CDU
und CSU. Ein Entgegenkommen auf diesem Feld macht Sinn. In der SPD
scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass man diese Wahl nicht
gewonnen hat. Und dass der eigene Bedeutungsverlust, wie übrigens
schon 2009, keineswegs hauptsächlich an Angela Merkel oder der Union
liegt. Für die Sozialdemokraten bietet sich nun die Chance, an der
umkämpften Mindestlohn-Front für eine dauerhafte Befriedung zu
sorgen. Soll diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen, weil man
gerade keine Lust hat aufs Regieren? Es ist nicht falsch, dass eine
mögliche Große Koalition einige Leerstellen in der Sozialpolitik, die
Schwarz-Gelb hinterlassen hat, beseitigen möchte. Aber der
Wirtschaftsstandort Deutschland darf trotzdem nicht leiden. Deshalb
ist es richtig, dass die Union darauf beharrt, die Aufgaben ohne
Steuer-Erhöhungen stemmen zu wollen. Jetzt muss nur noch die Basis
der SPD Ja sagen -zunächst beim Konvent am Sonntag.
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