Er hat seine Heimat verloren, ist politisch
verbrannt und räumt sogar Fehler ein: Sebastian Edathy rührt kurz vor
Weihnachten mächtig die Mitleidstrommel. Doch als verfolgte Unschuld
eignet sich der ehemalige SPD-Abgeordnete nicht. Denn er nutzte
seinen Auftritt vor der Presse auch zur Reinwaschung. Moralisch
falsch, aber juristisch legal sei die Bestellung der Filme und Fotos
gewesen. Da fragt man sich, warum das so viele Staatsanwaltschaften
ganz anders sehen und warum er sich überhaupt demnächst wegen des
Besitzes von Kinderpornographie vor Gericht verantworten muss. Das
Mitleid mit Edathy hält sich auch deshalb in Grenzen, weil er nicht
in der Lage ist, sich in die Opfer seiner verwerflichen Neigungen
hineinzuversetzen. Dass die Kinder, die für die angeblich harmlosen
Filme aus Kanada benutzt wurden, schwer traumatisiert sind, belegen
mehrere exzellente Berichte und Dokumentationen zweifelsfrei. Ist
Edathy von Parteifreunden gewarnt und über den Stand der Ermittlungen
informiert worden? Dieser Verdacht ist auch deshalb so gravierend,
weil er das Gefühl befördert, für die politische Klasse herrschten
Sonderregeln. Dass alle Politiker kungeln, tricksen und täuschen, ist
natürlich Unfug, aber diese Vorurteile werden durch solche
Einzelfälle genährt. An Edathys Glaubwürdigkeit bestehen Zweifel.
Aber es lässt sich nicht leugnen, dass seine Schilderung der Abläufe
eine gewisse Plausibilität besitzt – vor allem, weil er sie teilweise
durch seine SMS-Kommunikation belegen kann. In Not bringt er seinen
Parteikollegen Michael Hartmann und den gerade pensionierten
Ex-BKA-Chef Jörg Ziercke. Für diese beiden dürfte die Edathy-Affäre
mit dem gestrigen Tag nicht ausgestanden sein. Die SPD-Spitze ist
dagegen juristisch aus dem Schneider, auch wenn Thomas Oppermann im
Zwielicht erscheint. Aber dass der SPD-Fraktionschef in der Affäre
ganz und gar keine gute Figur macht, war schon im Februar klar. Da
hat Oppermann durch eine Pressemitteilung den Rücktritt von Minister
Hans-Peter Friedrich ausgelöst.
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