Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Unruhen in Tunesien Revolution in Gefahr RALPH SCHULZE, MADRID

Zwei Jahre nach dem Umsturz in Tunesien droht
das Land, in dem die Europäer früher so gerne Urlaub machten, wieder
ins Chaos abzugleiten. Das Mordattentat auf den Oppositionspolitiker
Chokri Belaid hat die tiefe Spaltung des Volkes offenbart und das
Land in eine Krise gestürzt, in der eine weitere Eskalation der
Gewalt bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen nicht mehr
ausgeschlossen werden kann.  Die regierende Islamistenpartei Ennahda
ist mit ihrem Versprechen gescheitert, für eine moderate und
tolerante Gesellschaft einzutreten und eine mutige Balance zwischen
Islam und Moderne zu ermöglichen. Die Spannungen zwischen der
religiösen Partei, ihren radikalen Milizen und der säkularen
Opposition sind auf dem Siedepunkt. Und die soziale Lage im Land hat
sich verschlimmert.  Damit drohen die Träume der Revolution nun auch
in Tunesien zu platzen. Dort wie in Ägypten und Libyen dürfte es zur
entscheidenden Frage werden, ob und wie die religiösen Extremisten
unter Kontrolle gebracht werden können. Jene Kräfte, welche die
frühere Diktatur durch einen intoleranten Scharia-Gottesstaat
ersetzen wollen. 

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