Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR USA drohen mit Krieg gegen Syrien Entlastungsangriff an der Heimatfront DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Es sind noch nicht mal echte Planspiele. Obamas
Anweisung, militärische Szenarien im Fall „Assad gegen das syrische
Volk“ zu prüfen, ist in erster Linie ein Entlastungsangriff an der
Heimatfront. Dort toben die Wortgefechte im Wahljahr traditionell
besonders laut, wenn irgendwo auf der Welt ein Mörder im
Präsidentenanzug das eigene Volk massakrieren lässt. Was nicht heißt,
dass der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain
leichtfertig handelt, wenn er Amerika zum Eingreifen drängt. Im
Gegenteil. Was Abend für Abend via Fernsehen in die amerikanischen
Wohnzimmer gelangt, macht ohnmächtig vor Wut. McCain zieht Vergleiche
zu den Balkankriegen und den Verheerungen in Bosnien und dem Kosovo
in den 90er Jahren. Und fast alles spricht dafür, dass Assad weiter
auf Kinder, Frauen und andere Zivilisten schießen lassen wird,
solange man ihn lässt. Den Diktator schert der Protest der Welt
nicht. Russland, China und der Iran stehen in einer abscheulichen
Allianz an seiner Seite. Eine Militäraktion in Syrien birgt aber
Risiken, die über deren Dimension in Libyen weit hinausgehen. Und
schon da hat Amerika nur „von hinten geführt“. Wer aus dem Westen
kommt und Assad bekämpft – und schon die Einrichtung von „humanitären
Korridoren“ würde als solches verstanden -, kann leicht einen
Flächenbrand auslösen. Die politische Vormacht im Nahen Osten steht
auf dem Spiel. Saudi-Arabien will die Amerikaner die Drecksarbeit
machen lassen. Obama kann das nicht zulassen. Seine republikanischen
Widersacher würden es auch nicht tun. Da ein breites, internationales
Bündnis mit den arabischen Taktgebern aus der Region heute Illusion
ist, sieht die Zukunft für die Menschen in Syrien düster aus. Das
Sterben wird weitergehen. Bis Assad tot ist. Oder im Exil.

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