Schon der Begriff Vorratsdatenspeicherung macht
stutzig. Daten auf Vorrat zu speichern ist schon etwas anderes als
etwa die Vorratshaltung in Zeiten der Berlinkrise. Wer Mehl, Zucker
und Salz im Spind bevorratete, hatte zumindest einen Grund für die
private Aktion Eichhörnchen. Das subjektive Empfinden einer Bedrohung
beruhte auf der objektiven Erfahrung der Blockade des Westteils der
Stadt durch die Sowjetunion. Mit der Vorratsdatenspeicherung verhält
es sich anders. Sie zeugt von einem grundsätzlichen Misstrauen des
Staates gegenüber seinen Bürgern. Allen Bürgern, ohne Ausnahme! Sie
ist ein Angriff auf die Grundwerte einer freiheitlichen Gesellschaft
und stellt eine ernsthafte Bedrohung des Grundrechts auf die
bürgerliche Privatsphäre dar. Vieles deutet darauf hin, dass der
Europäische Gerichtshof dies genauso sieht und der Datensammelwut per
EU-Richtlinie ein Ende setzen will. Wenn es so käme, dann lieferte
Europa zur rechten Zeit einen Beweis dafür, dass es eine
Wertegemeinschaft ist, die nicht nur dem Handel dient, sondern dem
Bürger. Das wäre wahrhaftig ein gutes Argument gegen den
Europaskeptizismus. Allein die Begründung des dem Gerichtshof
vorliegenden Gutachtens sollten die künftigen Großkoalitionäre als
Schuss zur rechten Zeit vor den Bug verstehen. Ohne Not haben sich
die Sozialdemokraten eingelassen auf einen neuen Anlauf zur
Vorratsdatenspeicherung, statt klare Absprachen darüber zu treffen,
wie man die Datenschutzrichtlinie der EU-Kommissarin für Justiz und
Grundrechte endlich in trockene Tücher bringen will. Spätestens seit
der NSA-Affäre ist bekannt, wohin Datensammelwut führt: in einen
nahezu kompletten Überwachungsstaat. Bewegungsraster jedes Bürgers
sind möglich, und niemand weiß, was mit den Informationen passiert.
Zudem gibt es in Deutschland nach einem Karlsruher Urteil keine
Vorratsdaten mehr. Im Terror ist das Land dennoch nicht versunken.
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