Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Vorzeichen für den Bundestagswahlkampf 2013 Eine harte Nuss für die SPD ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Das Jahr ist noch jung, und doch demonstriert
die schwarz-gelbe Regierung schon im Januar, dass sie zumindest
innenpolitisch auch weiterhin nicht vorhat, großen Ankündigungen
große Taten folgen zu lassen. Die Pflegereform wird
zusammengeschrumpft. Bei der Energiewende klappt noch so gut wie gar
nichts. Fehlanzeige bei den neuen Netzen, der Energieeffizienz, der
Gebäudedämmung, und dann gibt es noch zwei streitende Minister
(Rösler und Röttgen), die damit beschäftigt sind, sich gegenseitig
die Butter vom Brot zu nehmen. Doch den Unmut über Schwarz-Gelb laden
die Wähler vor allem bei den Liberalen ab. Die Union hält sich
wacker. Merkel rettet den Euro, was bei den Wählern gut ankommt –
vor allem, weil die Schuldenkrise an den Toren Deutschlands immer
noch wundersamerweise abzuprallen scheint. CDU und CSU hoffen 2012
auf ein Happy End für den Euro. Dann könnten sie in einem stark
personalisierten Bundestagswahlkampf 2013 vom Glanz der Eurokämpferin
Angela Merkel profitieren. Die Union würde die Kanzlerin aufs Podest
stellen und außerdem darauf hoffen, dass sich das Lager links von der
Mitte zersplittert. Deshalb hört man derzeit von den Christdemokraten
erstaunlich viel Gutes über die „Piraten“ – schließlich knabbert
diese neue Kraft vor allem am Wählerreservoir von Grünen und der SPD.
Sollte alles so kommen, hätten die Sozialdemokraten im nächsten
Bundestagswahlkampf eine extrem harte Nuss zu knacken. Egal welcher
Kanzlerkandidat auch antritt – die SPD ist darauf angewiesen, auf
Inhalte zu setzen. Mit einem Programm „Wachstum und Gerechtigkeit“
wird die Partei versuchen, die zahlreichen innenpolitischen Leer- und
Schwachstellen der schwarz-gelben Bundesregierung anzuprangern. Doch
ein messerscharfer Lagerwahlkampf wird nur schwer durchzuhalten sein.
Schon weil es auf Länderebene bis dahin mindesten fünf große
Koalitionen geben wird. Die SPD sollte sich nicht in Merkel
verbeißen, hat Parteichef Gabriel angemahnt. Ganz ohne Attacke geht
es aber nicht. Auch die populäre Merkel hat eine Achillesferse – ihre
Personalpolitik lässt Weisheit vermissen. Zu häufig ist kleinkarierte
Machtpolitik am Werk. Eine Politik, die weniger auf die Richtigen
setzt als vielmehr auf die Pflegeleichten. Nicht nur den Plagiator
Guttenberg hat Merkel zu lange verteidigt. Auch Bundespräsident Wulff
lässt sie im Amt. Dabei könnte sich die Vorstellung, dass sich dessen
Affären mit der Zeit in Luft auflösen, noch als schwerwiegende
Illusion entpuppen. Wulff könnte durchaus dauerhaft der Mann mit
Makel bleiben, der unverdient auf einem bis dahin hoch geschätzten
Sessel kleben bleibt. 2013 dürften im Bundestagswahlkampf also
überproportional Fragen des Anstands und der Moral thematisiert
werden. Diese Karte könnte die SPD aber nur dann überzeugend
ausspielen, wenn sie mit einem Kandidaten anträte, der seriös,
integer und ohne falsche Freunde agiert – wie zum Beispiel
Frank-Walter Steinmeier.

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