In einem sind sich die Beteiligten einig: Aus
der Vereinbarung, mit der das Thema Nothilfe für Zypern und seine
Banken vor Ostern abgeräumt werden sollte, wurde ein politisches
Fiasko. Der geplante Zugriff auf die Sparkonten löste einen Aufschrei
aus – ein Anschlag aufs Unantastbare, aufs soziale Ende der
Finanzwirtschaft! Die mühsam erreichte Beruhigung von Menschen und
Märkten wich einer neuen Angst- und Misstrauenswelle. Wie konnte das
so erfahrenen politischen Dirigenten wie Wolfgang Schäuble und Co.
passieren? Ein Insider des EU-Finanzapparats kann es sich nur als
„kollektiven Blackout“ erklären – die Finanzminister der Euroländer
plus Vertreter der EU-Kommission, des IWF und der EZB hätten im Eifer
des nächtlichen Gefechts nicht mehr recht gewusst, was sie taten. Das
ist wohl etwas verkürzt. Weil es sich letztlich nicht um einen
exorbitanten Betrag handelt, scheint eine Lösung für Zypern nicht
unmöglich: Bei Freistellung von Konten bis zu 20.000 Euro ergäbe sich
eine Lücke von ein bis anderthalb Milliarden Euro. Die ließen sich
notfalls auf anderem Wege abschöpfen, etwa durch eine höhere
Unternehmenssteuer. Der allgemeine Vertrauensschaden aber ist nicht
einfach ungeschehen zu machen. Misstrauen hat besonders die Länder
erfasst, die auch auf Unterstützung angewiesen sind und sich nun
fragen, ob es bei ihnen womöglich auch ans Ersparte geht. Die ersten
Reaktionen in Spanien oder Italien deuten nicht auf Panik hin. Es
scheint bislang nicht nötig, wie in Zypern die Bankschalter erst mal
zu schließen. Ein schleichender Abfluss durch nervöse Anleger ist
aber wahrscheinlich. Dem gegenüber steht, wenns gutgeht, ein
heilsamer Lerneffekt: Wer in Zypern, Portugal oder Island
zweieinhalbmal so hohe Zinsen erhält wie bei der Hausbank, bekommt
sie nicht umsonst: Er zahlt mit höherem Risiko.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de