Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTARE Bettina Wulff kämpft um ihre Ehre gegen Günther Jauch Sorgfalt gegen Gerücht THOMAS SEIM

Zugegeben: Auch in den Konferenzen unserer
Redaktion ist diskutiert worden über die Vergangenheit von Bettina
Wulff. Berichtet haben wir darüber nicht. Dafür gibt es gute Gründe.
Die Berichterstattung über Gerüchte bedient den Boulevard. Sie passt
nicht zum sicher harten, aber im Kern bei allen Zeitungen
seriös-sachlich geführten Kampf um Nachrichten und Meinungen. Sie
passt vor allem nicht zu dieser Zeitung. Deshalb verbot sich die
Spekulation über das Privatleben der ehemaligen Präsidentengattin. Es
ging uns nichts an; und zwar so lange nicht, wie es nichts mit
politischen Entscheidungen zu tun hat. Im vorliegenden Fall gab es
diesen Einfluss auf die Politik nicht, und doch ist er immer wieder
behauptet worden. Auch von sehr seriösen Medien in unserem Land. Der
Politik-Talk von Günther Jauch hat der Versuchung ebenfalls nicht
widerstanden. Das ist bitter. Es wäre einer öffentlichen
Entschuldigung des „Wer wird Millionär?“-Plauderstars wert. Jeder
macht mal einen Fehler. Die Stärke seiner Persönlichkeit beweist er,
indem er ihn anerkennt. Das tut Jauch nicht und das ist
unappetitlich. Jauch ist ein Star, der jede kleine Information über
sich und seine Familie mit Klage bedroht. Das mag man hinnehmen. Aber
für Frau Wulff hat er diese Privatheit nicht gelten lassen. Er hat –
schlimmer noch – das Mittel des Zitats benutzt, um ein Gerücht zu
verbreiten, das Quote versprach, für das er aber keinen Zeugen fand.
Günther Jauch sollte sich entschuldigen, statt recht behalten zu
wollen. Dass er sich nicht im Recht fühlen kann, beweist sein
Einlenken bei der Unterlassungserklärung. Gustav Heinemann sagte: Wer
mit dem Zeigefinger auf andere zeigt, sollte bedenken, dass in der
Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger zugleich drei andere Finger
auf ihn selbst zurückweisen. Ein sehr kluger Satz. Vor allem für uns
Journalisten.

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de