Es war zum Teil harte und schwer verdauliche
Kost, die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) dem Landtag
in ihrer ersten Regierungserklärung zumutete. Nicht nur, weil sie mit
100 Minuten Dauer erheblich länger ausfiel als angekündigt, sondern
auch, weil sie in der zentralen Frage der Haushaltskonsolidierung mit
den gewohnten Denkschablonen und Handlungsmustern abrupt brach.
Etatsanierung, das bedeutete bislang einen Wettbewerb im Streichen
und Kürzen. Personal wurde abgebaut, Leistungen gestrichen,
Förderungen eingestellt. Eine nachhaltige Besserung der finanziellen
Lage ist allerdings nur selten eingetreten. Nach kurzfristiger
Besserung als Folge der Sparmaßnahmen war die Lage im Bund und in den
meisten Ländern genauso schlecht wie vor der Aktion. Kraft setzt dem
erfolglosen Sparen ihre Präventionsstrategie entgegen. Durch
frühzeitige Investitionen in Bildung, in Kinder- und Jugendarbeit, in
Elternhilfe und Integration will sie erreichen, dass spätere
Reparaturausgaben für verkrachte Existenzen und gescheiterte
Lebensläufe erst gar nicht mehr oder nicht mehr in der bisherigen
Größenordnung anfallen. Ihre Beispielrechnung klingt einleuchtend
schlicht: jedes Kind weniger, das eine Kommune in Obhut nehmen muss,
spart der öffentlichen Hand rund 90.000 Euro im Jahr. Landesweit ist
man da schnell bei einem Einsparpotential von einer halben Milliarde
Euro. Ungewiss ist allerdings, ob Krafts Kalkül aufgeht, dass das
Land jetzt tatsächlich so viel neue Schulden machen kann im Vertrauen
darauf, dass sich Mehrausgaben von heute in Minderausgaben in fünf,
zehn oder 20 Jahren auszahlen. Die Opposition schreit laut Nein und
droht bereits mit dem Verfassungsgericht. Über kurz oder lang wird
auch Kraft nicht ohne die klassischen Sanierungsinstrumente
auskommen.
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