So ist die Welt. Irgendwer muss doch die Schuld
haben. In diesem Fall eben Manuel Barroso. Der hatte sich am
Donnerstag in einem Brief an die EU-Regierungschefs zum Hinweis
hinreißen lassen, der Rettungsschirm für klamme Euro-Staaten müsse
möglicherweise ausgeweitet werden. Ganz klar: Diese Aussage muss die
Börsen ja auf Talfahrt schicken. Oder? Zu blöd, dass die Welt so
einfach eben doch nicht ist. Die Börsen waren schon vorher ins
Rutschen geraten – wenn auch, zugegebenermaßen – nicht so nachhaltig,
wie dann am „schwarzen Freitag“. Und Manuel Barroso ha lediglich
ausgesprochen, was Experten und solche, die sich dafür halten, schon
viel früher angekündigt hatten: Möglicherweise ist der gerade erst
ausgeweitete Rettungsschirm eben wirklich noch immer nicht
ausreichend ausgestattet. Hätte er diese Einschätzung verschwiegen,
würden ihm dieselben, die jetzt über ihn herfallen, dies als
Unterlassungssünde ankreiden. Viel gravierender ist ohnehin die
Erkenntnis, dass die Euro-Länder, aber genauso die Vereinigten
Staaten, viel zu lange brauchen, sich gegen die Schockwellen zu
stemmen, die von den internationalen Finanzmärkten ausgehen. Die
EU-Behörden basteln noch immer an den Ausführungsbestimmungen für die
erweiterte Griechenland-Stütze. Das muss viel schneller gehen,wenn
die Europäische Union nicht immer wieder aufs Neue als Getriebene
dastehen will. Mit Bangen sehen Politiker, Unternehmer und
Verbraucher heute auf die Reaktion der Börsen. Nur die
unverbesserlichen Optimisten gehen davon aus, dass wir am Freitag
lediglich ein heftiges Sommergewitter erlebt haben. Zu befürchten
steht, dass dies die ersten Ausläufer eines gigantischen
Schlechtwettergebiets waren. Und dass die Jagd auf vermeintlich
Schuldige immer neue Blüten treiben wird.
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