Neue Westfälische (Bielefeld): Neue NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Interview:
NRW

In ihrem ersten Interview nach der Wahl zur
neuen NRW-Ministerpräsidentin macht Hannelore Kraft deutlich, dass
ihre Minderheitsregierung aus SPD und Grünen eine Koalition der
Einladung werden soll. „Dieser Prozess wird unsere Demokratie
stärken, wenn alle Fraktionen ihre Verantwortung ernst nehmen“, sagte
Kraft gegenüber dem Online-Dienst (nw-news.de) der in Bielefdeld
erscheinenden Neuen Westfälischen.

Das Interview im Wortlaut:

Frau Ministerpräsidentin, wie stabil ist die Regierung, an deren
Spitze Sie jetzt stehen? KRAFT: So stabil wie möglich. Wir haben als
SPD und Grüne einen Koalitionsvertrag miteinander beschlossen, der
klare Weichenstellungen für eine gute Zukunft unseres Landes setzt:
Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit gerade für unsere Kinder.
Denn sie sind unsere Zukunft. Und ein solidarisches NRW, das faire
Teilhabe und ökologischen Fortschritt für alle Bürger sichert. Dies
ist eine sehr gute Basis für die gemeinsame Regierungsarbeit, die auf
eine volle Legislaturperiode von fünf Jahren ausgerichtet ist.
Rot-Grün wird eine sehr stabile Regierung sein, wenn alle Fraktionen
ihren Wählerauftrag wahrnehmen, zuerst dem Wohl des Landes
verpflichtet zu sein.

Ist Ihre Handlungsfähigkeit als Chefin einer Minderheitsregierung
eingeschränkt? KRAFT: Nein, wir müssen mehr für unsere politischen
Inhalte werben als vielleicht eine Regierung mit einer komfortablen
Mehrheit. Die Bildung von politischen Mehrheiten im Landtag ist ein
Stück weit komplizierter, erfordert mehr aufeinander zuzugehen,
einander zuzuhören. Wir sind eine Koalition der Einladung. Dieser
Prozess wird unsere Demokratie stärken, wenn alle Fraktionen ihre
Verantwortung ernst nehmen. Eine Blockadeopposition schadet dem Land.
Das muss jeder wissen. Im Übrigen zeigt sich bei der schwarz-gelben
Bundesregierung, dass eine deutliche Regierungsmehrheit nicht
grundsätzlich zu guter Politik führt.

Ihre Einladung an alle Parteien, in den Sachfragen
zusammenzuarbeiten, stieß zumindest bei CDU und FDP auf Ablehnung.
Sind Sie enttäuscht? KRAFT: Nein, das war am Anfang zu erwarten. Bei
der FDP und insbesondere der CDU wirkt die Niederlage bei der
Landtagswahl noch stark nach. Das ist verständlich. Beide Parteien
brauchen in NRW noch Zeit für die Neupositionierung. Doch sie werden
die Frage der Bürgerinnen und Bürger beantworten müssen, ob sie an
einer guten Zukunft Nordrhein-Westfalens interessiert zu sein oder
nur ihre Parteiinteressen verfolgen.

Müssen wir mit Neuwahlen im nächsten Jahr rechnen? KRAFT: Ich bin
gerade als Ministerpräsidentin gewählt, da denke ich nicht als Erstes
an Neuwahlen.

An der Spitze der neuen Regierung stehen zwei Frauen. Welche
Auswirkungen hat das auf die Politik des Landes? KRAFT: Ich hoffe
doch positive. Sylvia Löhrmann und ich sind beide pragmatisch,
lösungsorientiert. Und uns eint, dass wir mit großem
Verantwortungsbewusstsein unsere Aufgabe angehen, gute Politik für
den Zusammenhalt der Gesellschaft, beste Bildung für alle Kinder,
Verantwortung für unsere Kommunen und Verbesserung unserer
Lebensgrundlagen zu machen.

Wie soll NRW am Ende der ersten Amtszeit dieser rot-grünen
Regierung aussehen? KRAFT: Nordrhein-Westfalen soll dann gerechter,
sozialer, ökologischer und wirtschaftlich erfolgreicher sein als
heute.

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