Für Christian Lindner, den Generalsekretär, käme
der FDP-Parteivorsitz zu früh. Für Andreas Pinkwart, den
NRW-Wahlverlierer, käme er zu spät. Wirtschaftsminister Rainer
Brüderle gilt als nicht stabil genug für die Aufgabe,
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als nicht
durchsetzbar im marktliberalen Szenario der Partei. Was also treibt
den Vorsitzenden Guido Westerwelle, wenn er nun über einen Rückzug
als Parteichef sinnieren und verlautbaren lässt? Es gibt kaum einen
führenden Politiker, der so klug und klar kalkulierend politische
Prozesse aus machtstrategischer Sicht analysieren und formulieren
kann wie Westerwelle. Der amtierende FDP-Chef weiß deshalb ziemlich
genau, dass die Partei derzeit keine brauchbare Alternative zu ihm
hat. Mit dem öffentlich gemachten Nachdenken über einen Rückzug macht
Westerwelle sein Bedürfnis nach mehr Zuneigung aus der FDP
gewissermaßen zur Forderung nach Unterwerfung. Vieles spricht dafür,
dass die Partei seinem Ruf nach Anerkennung folgen wird. Sie kann
sich einen Wechsel in der Spitze einfach nicht leisten. Das stärkt
Westerwelle, der die Liberalen mit einem historischen Ergebnis in die
Regierung führte, als Parteichef. Es macht ihn stärker, als es die
Beliebtheitsskala der Umfragen signalisiert. Ein kluges Kalkül.
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