Neue Westfälische (Bielefeld): Thilo Sarrazins Provokationen
Es reicht
THOMAS SEIM

Wenn Roland Koch spricht, muss man aufhorchen.
Nun hat der scheidende hessische Ministerpräsident
Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin zur Ordnung gerufen. Unerträglich
nannte Koch die neuen Äußerungen Sarrazins zur genetischen Identität
von jüdischen Mitbürgern. Wörtlich hatte Sarrazin erklärt: „Alle
Juden teilen ein bestimmtes Gen.“ Es war höchste Zeit, dass jemand
vom Kaliber eines Roland Koch den Möchtegern-Rassenforscher Sarrazin
in die Schranken weist. Dieser verbitterte Noch-Bundesbank-Vorstand
hat seine Karten ausgereizt. Es war schon bisher kaum zu fassen, wer
diesem im besten Fall naiven, im schlimmsten Fall – und dafür spricht
seine Penetranz – politisch und persönlich eiskalt kalkulierenden
Brunnenvergifter alles beisprang, wer ihm bereitwillig Plattformen
für sein wirres Gequatsche über die Biologie und Erbanlagen von
Migranten bot. Der Diskurs hat sich im Blick auf Zuwanderer
dramatisch verändert, sicher. Früher negierten unkritische
„Multikulti“-Romantiker objektive Zuwanderungsprobleme. Heute müssen
sich Politiker wie Koch, der 1999 mit Hilfe einer Postkarten-Aktion
gegen Ausländer ins Amt kam, bereits schützend vor Migranten stellen.
Nun aber sollten sich die Türen schließen. Es ist unerträglich, dass
ein politisch schnell zu verunsichernder Moderator wie Reinhold
Beckmann sich heute Abend noch mit Sarrazin schmücken will. Und warum
lässt sich die Bundespressekonferenz heute für Sarrazins
Werbe-Auftritt missbrauchen? Sarrazin befindet sich mit seinen
Provokationen im Widerspruch zu den Artikeln eins bis fünf des
Grundgesetzes, die der Ewigkeitsgarantie unterliegen.
Bundesbankpräsident Axel A. Weber darf Vorstände aufgrund von
„schweren Verfehlungen“ entlassen. Was braucht er da im Fall des
Vorstands Sarrazin noch? Es reicht jetzt.

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