Neue Westfälische (Bielefeld): Zustand des Euros
Reifeprüfung
WOLFGANG MULKE, BERLIN

Der Euro hat seine Reifeprüfung bestanden. Trotz
Griechenlandkrise und Rettungsschirm vertrauen internationale Anleger
der noch jungen europäischen Gemeinschaftswährung. Der Kurssturz war
nur von kurzer Dauer. Jene Spekulanten, die mit einem hohen Einsatz
auf einen weiteren Niedergang des Euros setzten, haben sich
hoffentlich schmerzhaft die Finger verbrannt. Für
Währungsschwankungen gibt es vielerlei Gründe. Manche, wie die
Verschuldung der dahinterstehenden Staaten oder deren Wirtschafts-
und Zinsentwicklung, sind rationaler Natur. Andere Motive für Kauf
oder Verkauf von Dollar, Yen oder Euro sind Spekulation oder auch die
Angst vor Verlusten. Weshalb eine Währung plötzlich neu bewertet
wird, lässt sich nicht verlässlich sagen. Die Selbstsicherheit, mit
der Bankanalysten Kurse vorhersagen, ist nicht durch besseres Wissen
gedeckt. Sie folgen allzu oft einem Herdentrieb und hecheln der
Mehrheitsmeinung nach. Irgendwann siegt aber auch hier die Vernunft,
wenn eine Währung stark über- oder unterbewertet ist. In diesem Fall
bedeutet dies, nicht nur die Schwächen Europas wahrzunehmen, sondern
auch die der USA. Die Probleme jenseits des Atlantiks haben die
Devisenhändler lange ausgeblendet. Dabei geht es dort viel
griechischer zu als bei den Helenen, Spaniern oder Iren. Die
Neuverschuldung des Wirtschaftsriesen ist mit rund zehn Prozent der
Wirtschaftsleistung deutlich höher als die der wirtschaftlich
relevanten Euro-Länder. Amerika drückt sich vor dem Sparen, führt
teure Kriege und muss zusehen, wie kostspielige Konjunkturprogramme
wie Strohfeuer verglimmen und die nächste Rezession droht. Dagegen
verhalten sich die Euro-Länder wie Musterknaben, die schnell ihre
schmerzhaften Hausaufgaben erledigen. Deshalb hat der Euro das
Vertrauen der Welt verdient.

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de