Neues Deutschland: Falscher Kumpel

Die Rettung der Bergarbeiter in Chile ist eine gute
Nachricht. Die Bergung der Verschütteten ist längst zu einem globalen
Medienereignis geworden. Doch geht es bei dieser medialen Hysterie
tatsächlich um das Schicksal der Bergleute? Der Blick in die Medien
belegt, dass Unglücke wie in Chile kein Einzelfall sind und dennoch
kaum vergleichbare Beachtung finden: Am 10. Mai dieses Jahres
starben 32 Bergarbeiter in einer sibirischen Mine, nur eine Woche
später wurden ebenfalls 32 Kumpel in der Türkei verschüttet. Ende
Juni kamen in einer Mine Kolumbiens 73 Männer um, nur drei Tage
später gab es 70 Tote in einem ghanaischen Bergwerk.

Wie überall in der Welt haben harte Arbeitsbedingungen und
fehlende Kontrollen das Unglück in Chile provoziert. Darüber aber
spricht im Freudentaumel niemand. Vor allem nicht Chiles Präsident
Sebastian Piñera, der lediglich die Gunst der Stunde nutzt. Mit
Erfolg: Der knapp gewählte Konservative konnte die Umfragewerte
seiner Regierung von mageren 45 auf 58 Prozent steigern. Das
Schicksal der gut 300 Arbeiter, die sich nach dem Umglück retten
konnten, stört dabei. Sie bekommen seit Anfang August keinen Lohn.
Während sich die Regierung feiern lässt, bleibt ihr Protest
unbeachtet: »Para tu show, Piñera, 300 estamos afuera«, rufen sie:
»Hör auf mit deiner Show, Piñera, wir 300 sind hier draußen.«

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