Neues Deutschland: zum Energiegutachten der Bundesregierung

Traue keiner Statistik, die du nicht selbst
gefälscht hast«, lautet ein bekanntes Bonmot in Statistikerkreisen.
Die Bundesregierung hat dieses Motto bei dem von ihr in Auftrag
gegebenen Energiegutachten leicht variiert: »Traue keiner Studie,
deren Prämissen du nicht selbst vorgegeben hast.« Und die
Bundesregierung wollte wirklich nichts dem wissenschaftlichen Zufall
überlassen. Deshalb hat die Federführung ein Institut bekommen,
dessen Etat zu einem Gutteil von den Atomkonzernen finanziert wird
und dessen Chef eine Stiftungsprofessur der Energiewirtschaft hat.
Dass selbst unter diesen Voraussetzungen das Ergebnis äußerst dürftig
ist, lässt tief blicken. Die den Stammtischen versprochene deutliche
Strompreissenkung durch längere AKW-Laufzeiten wird ausfallen. Jetzt
wird ein anderes (Schein-)Argument in den Vordergrund gerückt: Ohne
Laufzeitverlängerung seien massive Stromimporte erforderlich. Was die
Studie entsprechend den Vorgaben freilich ignoriert: Dies wäre keine
Gefahr bei einer klugen Politik mit Atom- und auch Kohleausstieg, die
auf Energieeffizienz und Erneuerbare setzt. Die Koalition wird das
Gutachten dennoch als letzten Beleg dafür hinstellen, dass eine
deutliche Laufzeitverlängerung nötig ist. Und irgendwie wird sie auch
erklären, warum die vier Atomkonzerne nur einen kleinen und
freiwilligen »Beitrag« zum Ausbau der Erneuerbaren leisten brauchen.
So wird die Energiewende unnötig verzögert.

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