NRZ: Der Graben ist tiefer geworden – ein Kommentar von KNUT PRIES

USA und EU stehen einander mit einer Verdrossenheit
gegenüber, wie es sie zwischen ihnen lange nicht gab. Doch die
Gespräche über den Freihandel, das Königsprojekt der
transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, gehen weiter. Die
pragmatische Vorstellung hat sich durchgesetzt, dass es sich beim
Spionage-Skandal um unerfreulichen Seitenwind handelt, und nicht um
einen Sturm, der es erforderlich machte, die Verhandlungen bis auf
weiteres ganz auszusetzen. Weil in Sachen Snowden und
Geheimdienst-Enthüllungen eine gewisse Gewöhnung eintreten wird,
dürfte es dabei bleiben: The talks must go on, es wird
weiterverhandelt. Das heißt allerdings nicht, dass die
Handelsgespräche nunmehr unbekümmert und ungestört durch die
Aufregung um die entfesselten Datenbeschaffer fortgesetzt werden
können. Das Thema Datenschutz ist zwar ausdrücklich ausgeklammert und
einem Nebenstrang (bislang fruchtloser) Verhandlungen vorbehalten. Es
hat sich aber hier etwas gezeigt, das auch den wirtschaftlichen
Hauptstrang der Gespräche beeinträchtigt: Die USA ticken in wichtigen
Bereichen fundamental anders als die europäischen Länder. Der Graben
ist tiefer geworden. Und das ist nicht nur Thema für Leitartikler und
Politologen. Wenn das EU-Parlament am Ende seine Zustimmung zu einem
Freihandelsabkommen geben soll, werden die massiven Vorbehalte eine
große Rolle spielen.

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