PID? War dieses komplizierte Thema nicht längst
durch? Vor einem Jahr hatte sich der Bundestag nach langer und sehr
emotionaler Debatte zu einer Regelung durchgerungen, die in
Ausnahmefällen erlaubt, dass ein künstlich gezeugter Embryo vor
Einsetzung in die Gebärmutter auf schwere Krankheiten untersucht und
im Zweifel nicht eingesetzt wird, um eine Tot- oder Fehlgeburt zu
verhindern – oder die Geburt eines behinderten Kindes. Das Gesetz war
ein Durchbruch für Eltern, die unter Gen-Defekten leiden und diese
nicht auf ihre Kinder übertragen wollen. Doch bislang fehlte es an
der Verordnung, die das Gesetz in die Praxis umsetzt. Diese
Verordnung hat das Gesundheitsministerium nun geliefert. Doch sie ist
die lange Wartezeit nicht wert. So könnte das, was als eng begrenzte
Zulassung der PID geplant war, durchaus florierende Ausmaße annehmen,
soll es doch explizit keine zahlenmäßige Begrenzung der Zentren
geben, die PID künftig anbieten dürfen. Zudem entpuppen sich die
speziellen PID-Ethikkommissionen als Farce. Erst lässt der
Gesetzgeber die Entscheidung offen, welche drohenden Erkrankungen
eine PID rechtfertigen. Nun schiebt auch das Ministerium diesen
Schwarzen Peter weiter – und zwar nicht etwa an eine einzige
Kommission aus Fachleuten, die dies einheitlich regelt, sondern
möglicherweise an 16 Länder-Kommissionen. Und da wiederum die
betroffenen Paare weitreichende Rechte haben, gegen Entscheidungen
einer PID-Kommission vorzugehen, droht hier ein Wettlauf um die
niedrigsten ethischen Ansprüche. Es bleibt zu hoffen, dass die
Landesminister, die nun in Sachen PID am Zug sind, ihrem
Bundeskollegen mindestens bei den nicht unwichtigen Details der
Verordnung Nachhilfe geben. Wenn es um die Ethik des ungeborenen
Lebens geht, kann indes nicht nur der Minister Nachhilfe vertragen.
Kurz vor der Markteinführung eines Tests, der es künftig jeder
Schwangeren recht problemlos ermöglicht, das Baby in ihrem Bauch auf
Trisomie 21 („Down Syndrom“) zu testen, droht noch an einer ganz
anderen Front der Selektion in „gutes“ und „schlechtes“ Leben Tür und
Tor geöffnet zu werden.
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