NRZ: Die schöne neue Arbeitswelt – ein Kommentar von PETER HAHNE

Nun bestätigen es die amtlichen Statistiken:
Berufstätige arbeiten immer mehr und immer öfter auch nachts und am
Wochenende. Arbeitnehmer müssen sich häufiger mit befristeten Stellen
abfinden und also mit großer Unsicherheit leben. Man darf die
Erkenntnisse der Krankenkassen hinzufügen, wonach beruflicher Stress,
permanente Erreichbarkeit und damit die so genannte Flexibilisierung
der Arbeitswelt die Beschäftigten zunehmend an den Rand ihrer
psychischen Belastungsgrenzen führt. Und wozu das Ganze? Das ist die
entscheidende Frage, auf die heute kaum noch jemand eine überzeugende
Antwort findet.

Die Haltung der Wirtschaft ist klar: Wettbewerb, Kostendruck, die
fleißigen Chinesen: Will Europa nicht im Sturm der Globalisierung
untergehen, müssen eben alle den Gürtel enger schnallen. Das Argument
hat nur leider eine ziemliche Unwucht. Seit zehn Jahren tragen die
Arbeitnehmer fast allein die Lasten der Globalisierung. Die schöne
neue Arbeitswelt, sie hat die Wirtschaft stark gemacht, die Menschen
aber sind dabei auf der Strecke geblieben.

Richtig: Die Welt um uns herum ändert sich. Jeden Tag, immer
schneller. Die Exportindustrie muss sich permanent aufs Neue auf den
Weltmärkten behaupten. Aber das erklärt nicht, warum gut verdienende
Autokonzerne wie BMW mit Werkverträgen den letzten Cent aus ihren
Arbeitern herauspressen. Es erklärt auch nicht, warum Supermärkte die
halbe Nacht geöffnet oder Hotlines 24 Stunden an sieben Tagen die
Woche erreichbar sein müssen.

Alle fügen sich einem scheinbar unvermeidbaren Wahnsinn, der auf
dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Die Wirtschaft ist für
die Menschen da, nicht umgekehrt.

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