Leider galt in der Koalition zu oft das Prinzip des
kleinsten gemeinsamen Nenners. Beispiele dafür sind die Pflegereform,
die Sicherheitsgesetze, in der Steuerpolitik die Besserstellung der
Hotels; als „Mövenpicksteuer“ bis heute der Inbegriff der
Klientelpolitik. Auf Wiedervorlage: die Reform der Gewerbe- und der
Mehrwertsteuer, die Pkw-Maut, die Frauenquote, die Mütterrente, der
Kampf gegen die Altersarmut, prekäre Jobs. Gehandelt wurde, wenn
Probleme eine kritische Größe erreichen. Selten früher. Das Ansehen
des Kabinetts war schlecht, aber Kanzlerin Angela Merkel immun.
Bescheidenes Auftreten, Augenmaß in der Euro-Politik. Das sprach für
sie. Als Pfand für deutsche Hilfen trotzte sie anderen Staaten
Reformen ab. Auch das gefiel. Was viele übersahen: Daheim blieben
Aufgaben liegen. Verschoben ist nicht aufgehoben. Aber unerledigt.
Die Kanzlerin handelte oft situativ. Aber sie ist willensstark. Sie
hat Minister gefeuert (Röttgen) oder ausgebremst (von der Leyen in
der Rentenpolitik), militärische Abenteuer (in Libyen) abgelehnt,
roten Linien markiert. Euro-Bonds werde es nicht geben, „solange ich
lebe“. Merkel wäre nicht Merkel, wenn sie nicht auch von diesem Baum
runterkäme.
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