Kofi Annan hat sich auf eine „Mission Impossible“
eingelassen. Der ehemalige UNO-Generalsekretär soll Syrien den
Frieden bringen. Doch solange Baschar al-Assad entschlossen ist, sein
eigenes Volk gnadenlos abzuschlachten, steht selbst der
charismatische Spitzendiplomat auf verlorenem Posten. Bisher war das
Regime in Damaskus keinen Argumenten zugänglich. Auch der wachsende
politische und wirtschaftliche Druck der internationalen Gemeinschaft
auf Syrien bleibt bislang wirkungslos. Effektiver wäre eine
Resolution des UN-Sicherheitsrates, dem einzigen Gremium der
vereinten Nationen, das im schlimmsten Fall auch ein militärisches
Eingreifen sanktionieren könnte. Solange aber Russland und China die
Augen vor den Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die sich in Syrien
Tag für Tag ereignen, verschließen und zynisch dem „rechtmäßigen
Präsidenten“ beistehen, gibt es kaum Hoffnung für die leidende
Bevölkerung. Dennoch ist die neue diplomatische Initiative richtig.
Man darf nichts unversucht lassen, damit der Bürgerkrieg nicht zum
internationalen Konflikt wird. Deshalb haben die „Freunde Syriens“,
über 70 Nationen und Organisationen, gestern die Opposition des
Landes politisch aufgewertet und als Gesprächspartner auf gleicher
Augenhöhe akzeptiert. Ein Wagnis: Denn anders als in Ägypten oder
selbst Libyen ist der syrische Widerstand eine irrlichternde Sammlung
tief zerstrittener ethnischer und religiöser Gruppen. Ob sie ihrer
Heimat den Frieden oder doch weitere Grabenkämpfe bringen, ist
ungewiss. Eine Bewaffnung dieser Sektierer durch den Westen, wie sie
die USA wenigstens in Erwägung ziehen, würde die syrische
Zivilbevölkerung nicht schützen. Im Gegenteil: Mehr Waffen bedeuten
mehr Tote. In Washington wollen die Falken Präsident Obama zum Jagen
tragen. Forderungen nach militärischen Interventionen gegen Damaskus
oder Teheran sind beliebte Munition für den heißer werdenden
US-Wahlkampf. Ein Jahr nach der verheißungsvollen „Arabellion“ wird
die neue Krise im Mittleren Osten zur schwersten außenpolitischen
Belastungsprobe für den Friedensnobelpreisträger. Bisher hat Obama
auf Geduld und Diplomatie gesetzt. Doch in Syrien steckt die
westliche Politik im Treibsand: Jede hektische Bewegung kann tödlich
sein, Stillstand aber auch.
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