Deutsche Arbeitnehmer haben sich im vergangenen Jahr
so oft krank gemeldet wie seit 15 Jahren nicht mehr. Das kann als
gutes Zeichen gedeutet werden. Diese Nachricht besagt, dass die
konjunkturelle Situation in Ordnung ist. Menschen, die keine Angst um
ihren Job haben müssen, können es sich leisten, ihre Erkrankung zu
Hause auszukurieren. In Zeiten schlechter Konjunktur sind Menschen
geneigt, sich auch dann zum Arbeitsplatz zu schleppen, wenn sie
eigentlich ins Bett gehören. Das ist die eine Seite der Medaille.Die
andere: Einmal mehr ist die Zahl der Menschen gestiegen, die wegen
psychischer Erkrankungen einen Krankenschein bekommen haben. Das mag
damit zusammenhängen, dass solche Leiden schneller erkannt und
allmählich enttabuisiert werden. Diese Zunahme ist aber ein Indiz
dafür, dass Arbeitsverdichtung und -druck anhaltend hoch sind; und
dafür, dass die Anerkennung für Leistung schwindet. Die Arbeitswelt
sollte entschleunigt und menschlicher werden. Wenn schon nicht aus
Menschenliebe, dann aus volkswirtschaftlichen Gründen: Psychische
Erkrankungen gehören zu den kostenintensivsten Erkrankungen
überhaupt.
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