Das Gute an der Entscheidung Rick Santorums, das
Handtuch zu werfen, ist das damit verbundene Ende eines unter der
Gürtellinie verlaufenen Ideen-Boxkampfs, der die Rückständigkeit des
auf Verächtlichmachung angelegten politischen Systems in Amerika
aufdeckte. Das Schlechte: Der Mann, der als Sieger in den Kampf gegen
Amtsinhaber Barack Obama ziehen wird, hängt nach vielen Platzwunden
aus dem republikanischen Vorwahl-Getöse bereits schwer in den Seilen.
Mitt Romney hat sich so weit auf die rechtspopulistische, religiöse
eingefärbte Außenbahn abdrängen lassen, dass der Rückmarsch in die
wahlentscheidende Mitte beschwerlich wird; dorthin also, wo nicht die
Bibel das Gesetz ist und man die Tea-Party-Rumpelstilzchen immer
schon peinlich fand. Auch wenn der Ostküsten-Moderate für seine
elastischen Überzeugungen bekannt ist: die Neuerfindung, die ihm
diesmal abverlangt wird, hat es in sich. Romney hat in der
Vorwahl-Geisterbahn wichtige Wählergruppen mit radikalen Positionen
(Abtreibung, Sozialleistungen, Einwanderung) tief erschreckt. Bei
Frauen, Vertretern der unteren Mittelklasse, bei den Armen und den
Latinos ist der Multi-Millionär unten durch. Sich hier neues
Vertrauen zu erwerben, ohne das ein Sieg am 6. November unmöglich
ist, zwingt den Technokraten in einen schmerzhaften Spagat. Er muss
a) Friedensangebote an verprellte Wählerschichten und das
Sammelbecken der Unabhängigen formulieren und b) gleichzeitig das von
der religiösen Rechten angefangene Trommelfeuer auf Errungenschaften
einer liberal-modernen Gesellschaft beibehalten. Der frühere
Risiko-Kapital-Investor hat in diesem Experiment viele offene
Flanken. Mit seinem lächerlich geringen Einkommenssteuersatz,
verborgenen Konten in Steueroasen und seinem Credo für
Steuersenkungen, weniger Sozialstaat und einem von Regulierung
befreiten Kapitalismus verkörpert Romney das, was Obama und die
Demokraten in den Mittelpunkt rücken: die drastischer werdende
Spaltung einer einst auf Mobilität für alle geeichten Gesellschaft,
in der sich heute wenige Alleshaber und Abermillionen
gegenüberstehen, die sich abstrampeln und so eben über die Runden
kommen. Amerika startet in einen Gerechtigkeits-Wahlkampf.
Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion
Telefon: 0201/8042616