NRZ: Schwellenland Europa – ein Kommentar von JAN JESSEN

Der Konsumgüter-Gigant Unilever richtet sich darauf
ein, dass die Peripherie Europas auf das Wohlstandsniveau von
Schwellenländern absinkt. Das muss man erstmal sacken lassen. Einem
solchen Konzern geht es nicht um ideologisch aufgeladene Politik, um
Gerechtigkeitsfragen oder das Wohl und Wehe einer europäischen
Gemeinschaft; ein solches Unternehmen will einfach nur gute Geschäfte
machen, es will Konsumenten bei der Stange halten. Heißt: Die Manager
kalkulieren nüchtern, wägen ab – und sind zum Schluss gekommen, dass
die Armut in Europa deutlich zunehmen wird, weswegen sie ihre
Produkte anders anbieten müssen. Nicht billiger, natürlich, aber in
solch kleinen Portionen, dass sie gekauft werden können, ohne
schmaler gewordene Haushaltsbudgets zu überstrapazieren. Wie sie es
eben in Afrika oder Asien tun. Deutschland ist nicht Spanien. Aber
auch hier – andere Nachricht, gleicher Tag – erodiert der Wohlstand.
Vielen Menschen droht Altersarmut, warnt der DGB. Weil die Politik es
zulässt, dass Menschen für Dumpinglöhne arbeiten, dass prekäre
Arbeitsverhältnisse zunehmen. Geht es so weiter, wird Unilever wohl
seine Produktpalette alsbald auch für Deutschland anpassen. Eine
unangenehme Vorstellung.

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