NRZ: Zeit für junges Personal – Kommentar zu den Grünen von Daniel Freudenreich

Die Grünen müssen sich auf eine zähe Debatte um die
Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl einstellen. Daran ändert die
geplante Zweierlösung zunächst einmal nichts. Eine Doppelspitze aus
Jürgen Trittin und Claudia Roth wird vielen Realos in der Partei kaum
vermittelbar sein. Doch nach wie vor ist unklar, wen sie ins Rennen
schicken könnten. Parteichef Cem Özdemir hat schon aus gutem Grund
signalisiert, dass er eher nicht will. Gegen Trittin dürfte er
schlechte Karten haben. Denn der Fraktionschef ist der eigentlich
starke Mann der Partei und gilt als gesetzt. Co-Chefin Renate Künast
wiederum ist seit der verpatzten Berlin-Wahl geschwächt. Jenseits der
beiden ist auf Bundesebene kein namhafter Reformer in Sicht. Und
eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl baut man auch nicht eine
Vertreterin auf, die eben mal in Künasts Fußstapfen treten könnte. So
ist der Realoflügel gleich in mehrfacher Hinsicht in einer
vertrackten Situation. Wenn er niemanden ins Rennen schickt, schwächt
er sich weiter selbst. Dasselbe passiert, wenn Künast doch kandidiert
und in der Urwahl, die unkalkulierbar ist, gegen Roth den Kürzeren
zieht. Doch mit einem linken Doppel laufen die Grünen Gefahr, dass
sie potenzielle Wähler vergraulen. Zur Wahrung des innerparteilichen
Friedens und aus Mangel an Alternativen wäre es sinnvoll, wenn
Trittin und Künast noch einmal wie schon 2009 gemeinsam antreten
würden. Roth würde ihrer Partei einige Konflikte ersparen, wenn sie
sich nicht um die Spitzenkandidatur bewirbt. Die Personaldebatte
macht aber auch eine Sache ganz deutlich: Es wird Zeit bei den
Grünen, dass junges Personal nach oben kommt. Nicht nur in die zweite
Reihe, sondern in die erste.

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