Wer Interesse für die politischen Themen der Zeit
aufbringt, wer sich nicht mit vorgestanzten Meinungen zufriedengeben
will, der bekam gestern reichlich Stoff geliefert. Zum Nachdenken,
zum Streiten, zum Handeln. Es könnte durchaus sein, dass der Herbst
2010 eine Politisierung des Landes bringen wird, wie wir sie lange
nicht erlebt haben. Von Stuttgart 21 bis zu den wieder auflebenden
Atomkraft-Gegnern. Dass das Bundesparlament sich mitten in diese
Debatte stellt, zuspitzt, aber auch über Lösungen streitet, ist fast
schon ein Wert an sich.
Die Gefahr besteht jedoch darin, dass allzu viel Schwarz- und
Weißmalerei, einmal auf Seiten der rot-grün-roten Opposition bzw. auf
der anderen, schwarz-gelben Seite, auch zu Verdruss, zu Abkehr führen
kann. Bei allem Vergnügen über beißende Polemik und treffsicheren
Spott, wollen die Menschen im Land doch eher vernünftige politische
Lösungen, tragfähige Kompromisse denn ideologische Schaukämpfe oder
gar Schlammschlachten für die Galerie.
Angela Merkel hat mit einem unerwartet kämpferischen Auftritt erst
einmal für vorübergehende Geschlossenheit in der schwarz-gelben
„Wildsau-Gurkentruppe“ gesorgt, die zuletzt kräftig dabei war, sich
selbst zu demontieren. Ob das freilich ausreichen wird, um im „Herbst
der Entscheidungen“, wie Merkel bedeutungsschwer verkündete, das
Sparpaket, das Energiekonzept oder die Bundeswehrreform
durchzubekommen, steht noch nicht fest. Kräftige Worte allein können
die handwerklichen Fehler nicht wettmachen.
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Ostsee-Zeitung
Jan-Peter Schröder
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