Anlaesslich der rechtspolitischen Haushaltsdebatte erklaert die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Christine
Lambrecht:
Gleich, um welche rechtspolitische Initiative es geht: die Ankuendigungen der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger lauten im Endeffekt nur „in Baelde, in Kuerze, demnaechst“.
Obwohl eine Loesung bei der Sicherungsverwahrung dringend erforderlich ist, bringen die FDP-Justizministerin und die Unions-Rechtspolitiker nichts auf den Weg. Dabei hatte der Europaeische Gerichtshof fuer Menschenrechte (EGMR) schon im Dezember 2009 die nachtraegliche Sicherungsverwahrung als verkappte Strafverlaengerung und damit als Menschenrechtsverletzung kritisiert.
Viel zu lange, naemlich ueber ein halbes Jahr dauerte es jedoch, bis die Ministerin ueberhaupt erstmals Eckpunkte zur Reform der Sicherungsverwahrung vorlegte. Danach soll die Massnahme auf schwere Faelle wie Sexual- und Gewalttaeter beschraenkt, die nachtraegliche Sicherungsverwahrung abgeschafft und stattdessen die Moeglichkeit fuer das Gericht erleichtert werden, die Sicherungsverwahrung im Urteil vorzubehalten.
Doch anstatt zu handeln, zankte sich die Koalition. Anstatt konstruktiv zu arbeiten, verzettelte sie sich im Streit ueber Sinn oder Unsinn von Fussfesseln. Mit der abstrusen Forderung einiger Koalitionspolitiker nach einem Internetpranger wurde weitere Zeit verplempert.
Wir dagegen sind bereit, die Justizministerin beim notwendigen Reformprozess konstruktiv zu begleiten. Denn die Eckpunkte enthalten vernuenftige Ueberlegungen. Das heisst aber vor allem, ueber die richtigen Fragen zu sprechen. Dazu gehoert vor allem die Frage nach dem Umgang mit den sogenannten Altfaellen. Das sind die Faelle, in denen das Gericht wegen der zum Zeitpunkt der Verurteilung geltenden Rechtslage gegen gefaehrliche Straftaeter nicht schon sofort im Urteil eine Sicherungsverwahrung anordnen konnte.
Schwarz-Gelb schlaegt vor, Altfaelle als „psychisch Gestoerte“
nach Verbuessung ihrer Strafhaft in einer nicht weiter beschriebenen „Sicherungsverwahranstalt“ unterzubringen und zu therapieren. Ist ein Taeter allerdings psychisch krank, haette er schon gar nicht ins Gefaengnis, sondern gleich in die Psychiatrie eingewiesen werden muessen. Was also soll der Begriff „psychisch gestoert“ bedeuten? Auch die sogenannte Sicherungsunterbringung scheint noch nicht ausreichend hinsichtlich der Ausgestaltung konkretisiert. Die Anforderungen an eine verfassungs-, europa- und menschenrechtskonforme Loesung der Altfallproblematik hat die Koalition noch nicht erreicht.
Vor allem reicht es jetzt mit Eckpunkten und Ankuendigungen. Die Koalition hat schon so viel Zeit durch Streit und Nichtstun vergeudet, dass die meisten der Altfaelle bereits auf freiem Fuss sein koennten, bis das neue Gesetz endlich in Kraft tritt.
Wir erwarten deshalb jetzt – und nicht „in Baelde, in Kuerze, demnaechst“ – einen konkreten Gesetzesvorschlag, den wir pruefen und beraten koennen.
Wie schwer es die Koalition den Parlamentariern macht, ihre Aufgaben im Rechtsausschuss wahrzunehmen, beweist auch der inzwischen bekannte Atom-Geheimvertrag: Da wird auf die Zahlung von Steuern in einem Vertrag verzichtet und nicht etwa durch ein Gesetz, das im Rechtsausschuss beraten und im Parlament debattiert wird. Pflicht als Mitglied im Rechtsausschuss ist es aber, auf die Recht- und Verfassungsmaessigkeit von Gesetzen zu achten. Die schwarz-gelbe Koalition mit dieser Justizministerin vereitelt dies jedoch.
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