Rheinische Post: Amerika am Pranger Kommentar Von Matthias Beermann

Der Haussegen hängt schief zwischen Berlin und
Washington, so schief wie schon lange nicht mehr. Die Schuld daran,
da gibt es wenig zu deuteln, tragen die Amerikaner. Wenn ein
Geheimdienst nicht einmal in der Lage ist, den potenziellen Nutzen
und das gewaltige politische Risiko einer Abhöraktion gegen die
Regierungschefin eines der wichtigsten Verbündeten gegeneinander
abzuwägen, darf sich in den USA niemand über die geharnischte
Reaktion hierzulande beklagen. Sie ist mehr als verständlich.
Politisch klug ist sie indes nicht. Die Bundesregierung hat sich –
unter dem Druck von Opposition und veröffentlichter Meinung – in eine
Sackgasse drängen lassen. Das Beharren auf einem
Anti-Spionage-Vertrag ist blauäugig, schließlich gibt es ein
ähnliches Abkommen bereits unter Nato-Partnern. Nicht das Dokument
ist entscheidend, sondern seine Einhaltung. So wirkt das deutsche
Verlangen eher wie die ultimative Aufforderung zu einem politischen
Bußgang, auf den sich Präsident Obama nicht einlassen wird. Es droht
eine Eskalation, in der Deutschland nichts zu gewinnen hat.

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