Rheinische Post: Anreiz Asyl Kommentar Von Gregor Mayntz

Wer sich vorstellt, dass er selbst einmal wegen
seiner Überzeugungen oder Äußerlichkeiten verfolgt werden könnte, ist
froh, dass es das Asylrecht gibt. Und es ist gut, dass das
Verfassungsgericht in seiner Entscheidung über die Leistungen für
Asylbewerber klargestellt hat, dass Menschenrechte nicht teilbar sind
und dass der Maßstab an den Verhältnissen in Deutschland anzulegen
ist. Erklärlich ist zudem, dass einige Bundesländer die
verwaltungsaufwendigen Sachleistungen für Asylbewerber in viel
einfacher zu handhabende Barzahlungen umstellen wollen – mit dem
erwarteten Nebeneffekt, dass dann der Bund mehr tragen müsste. Am
Ende aber geht es immer auch darum, welche Anreize geschaffen werden,
und ob sie auch jene, die nicht verfolgt werden, animieren könnten,
hier den schnellen Euro zu machen. Auch im „reichen“ Deutschland sind
die Möglichkeiten nicht grenzenlos. Aus Erfahrung wissen wir, dass
440.000 Asylanträge 1992 das Klima unerträglich machten. Dass es 2008
bloß 28.000 waren, warf angesichts der Verfolgung in vielen Ländern
ebenfalls kritische Fragen auf. Doch dass jetzt wieder Unterkünfte
überfüllt sind und wir auf eine neue extreme Lage zusteuern, weist
darauf hin, dass wir auf dem falschen Weg sind.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621