Rheinische Post: Berlusconi maßlos

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Silvio Berlusconi schien bisher mit einer Extraportion Teflon
beschichtet zu sein. An Angriffen gegen ihn hat es in den beinahe
zwei Jahrzehnten, die er nun in der italienischen Politik ist, nicht
gemangelt. Alle glitten an ihm ab. Immer wieder konnte Westeuropas
wohl umstrittenster Regierungschef seinen Gegnern – er nennt sie
ungeniert Feinde – eine Nase drehen. Doch nun schaut es ganz so aus,
als zöge sich die Schlinge um Berlusconi zu. Die Staatsanwaltschaft
will ihn vor Gericht stellen, und die Anklagepunkte wiegen schwer:
Förderung der Prostitution Minderjähriger und Missbrauch seines
Amtes. Sollte es Berlusconi nicht wie schon so häufig mit einem
weiteren Taschenspielertrick gelingen, dem Prozess auszuweichen, wäre
das sein politisches Ende. Seine Schuld im strafrechtlichen Sinne ist
zwar vorläufig unbewiesen, doch es ist kaum vorstellbar, dass
Berlusconi noch die Regierungsgeschäfte ausüben kann, während in
einem Mailänder Gerichtssaal über das schmuddelige Party-Treiben in
seiner Villa verhandelt wird. Am Ende ist Berlusconi seine
Maßlosigkeit zum Verhängnis geworden. Er hat einst versprochen,
Italien wie ein Privatunternehmen zu führen. Er hat es mit seinem
Privatvergnügen verwechselt.

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