Rheinische Post: Cameron – Ausfall in Europa, Kommentar von Antje Höning

Es gibt gute Gründe, die gegen die von Angela
Merkel geplante Finanztransaktionssteuer sprechen. Die Steuer
vertreibt Investoren aus Europa, obwohl gerade in den Schuldenstaaten
neues Kapital dringend gebraucht wird. Damit ist die Steuer keine
Hilfe im Kampf gegen die Euro-Krise, sondern macht sie eher
schlimmer. Merkel setzt sich auch nur für sie ein, weil Nicolas
Sarkozy in seinem Präsidentschafts-Wahlkampf mit ihr punkten will.
Das ist politisch durchschaubar und ökonomisch fragwürdig.
„Wahnsinn“, wie Premierminister Cameron in Davos wetterte, ist es
nicht. Dass der Brite der Kanzlerin in aller Öffentlichkeit geistige
Verwirrtheit vorwirft, zeigt nur eins: Cameron selbst hat ein
Problem. Sein Land leidet auch ohne Euro unter hoher Inflation und
steht vor einer Rezession. Es ist viel zu einseitig auf die
Finanzbranche ausgerichtet – zehn Prozent des britischen
Sozialprodukts stammen aus der Londoner City. Für die macht Cameron
nun Klientelpolitik auf eine Art, die man britischen
Boulevardblättern, aber nicht einem Eton-Absolventen zutraut.
Staatsmännisch wäre es, die Briten die Bedeutung Europas zu lehren
und bei der Euro-Rettung zu helfen. Die Briten brauchen Europa.
Politisch, um in der Welt noch eine Rolle zu spielen. Aber auch
ökonomisch. Wenn der Euro zerbricht und eine Finanzkrise kommt, gehen
zuerst in der City die Lichter aus.

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