Rheinische Post: China und Europa

von Godehard Uhlemann

Die Europareise des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao
kommt den Europäern gelegen. Der Euro-Raum ringt um die Rettung des
finanziell zerrütteten Griechenland. China werde Europa und den Euro
konsequent unterstützen, sagte Wen Jiabao in Ungarn. Heute in Berlin
wird er der Kanzlerin ähnliche Versicherungen geben. Doch damit ist
nicht gesagt, dass eine Griechenland-Rettung und die Euro-Absicherung
weiterer Wackelkandidaten der europäischen Gemeinschaftswährung von
Peking abhängen. Wens Euro-Credo ist vor allem eine moralische
Unterstützung während einer gefährlichen EU-Schuldenkrise. Er weiß,
dass sein Glaube an die europäischen Selbstheilungskräfte
psychologisch wichtig ist. China braucht Europa mit dessen
Kenntnissen und Fähigkeiten für den weiteren wirtschaftlichen
Aufschwung Chinas. Die europäischen Länder ihrerseits können dort auf
große Absatzmärkte hoffen. China denkt langfristig und will seine
Abhängigkeit von US-Anleihen abbauen. China und die Länder der EU
sehen ihren wechselseitigen Nutzen. Kein Grund zur Klage? Doch. Auch
wenn China nach dem Künstler Ai Weiwei nun den Bürgerrechtler Hu Jia
freigelassen hat, bleibt die Menschenrechtslage desolat. Das muss die
EU klar sagen.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2304