Auch wenn es mal kräftig im Gebälk knirscht,
muss man nicht gleich das ganze Haus abreißen – die Wahrheit dieses
Satzes auch in politischen Dingen belegt das gestrige Urteil des
Bundesarbeitsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht. Zwar haben die
Richter dem generellen Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen ein
Ende gemacht. Zugleich haben sie aber den Kirchen eine goldene Brücke
gebaut, wie sie ihren Sonderweg im kirchlichen Arbeitsrecht weiter
beschreiten können: indem sie die Gewerkschaften einbeziehen und sich
dann auch an die Verhandlungsergebnisse halten. Der Erfurter
Richterspruch beweist, dass auch in einem Streit, der nur Sieg oder
Niederlage vorzusehen schien, durch Abwägung eine vernünftige Lösung
herzustellen ist. Gut möglich, dass am Ende sogar der Gang vors
Verfassungsgericht überflüssig wird, den beide Parteien für den Fall
der Niederlage angekündigt hatten. Bei näherem Hinsehen dürfte
nämlich gar nicht so eindeutig zu entscheiden sein, wer Sieger ist
und wer Verlierer. Und das spricht nicht gegen das Urteil, im
Gegenteil. Salomo lässt grüßen.
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