Rheinische Post: Die Chance der Demokratie

Kaum eine Woche ist es her, da lagen sich
Griechenlands und Luxemburgs Premier noch voller Freude in den Armen.
Papandreou und Juncker bejubelten leidenschaftlich das mutige Konzept
des EU-Gipfels zur Euro-Rettung. Und nun? Der Grieche zerschlägt
vorläufig alle Hoffnungen, die der erfolgreiche Gipfel geweckt hatte.
Mit der Entscheidung Papandreous, das griechische Volk über die von
außen auferlegten Sparprogramme abstimmen zu lassen, spitzt sich die
europäische Schuldenkrise weiter dramatisch zu. Sie wird zu einer
wahren Zitterpartie. Angela Merkels Verärgerung über Papandreou ist
nur zu verständlich: Ihr Kartenhaus, das sie so mühevoll errichtet
hat, um den Euro zu retten, droht nun zusammenzubrechen. Dass der
Grieche seine Partner nicht in Kenntnis gesetzt hat über das wahre
Ausmaß seiner innenpolitischen Notlage, sie nicht einmal vorgewarnt
hat, ist ein Unding: So geht man nicht mit Partnern um, die einem das
wirtschaftliche – und das politische – Überleben sichern sollen. Die
Regierungen müssen nun umgehend für Klarheit über ihre nächsten
gemeinsamen Schritte sorgen. Bei allem erhöhten Risiko birgt die neue
Lage auch eine große Chance: Gelingt es, das griechische Referendum
als Sieg der Demokratie über die Finanzmärkte zu verstehen und zu
„verkaufen“, kann Europa gestärkt aus der Krise hervorgehen.

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