von Lothar Schröder
Natürlich ist das ein neues Kapitel für den Friedenspreis des
Deutschen Buchhandels: Kein Intellektueller ist diesmal geehrt
worden, der die Friedensprobleme der Welt aus übergeordneter Sicht
zur Sprache bringt. Diesmal war es ein Opfer. Liao Yiwu ist dem Tode
knapp entkommen, als ihn die Machthaber Chinas wegen eines Gedichts
ins Gefängnis sperrten, ihn folterten und seiner Würde beraubten. Es
ist auch Glück gewesen, dass sich der Regimekritiker diese Würde
zurückeroberte, im Wort, in der Beschreibung des Leidens vieler
Landsleute. Nichts an dieser Ehrung ist falsch, im Gegenteil. Sie ist
aller Ehren wert und die Paulskirche als Wiege unserer Demokratie ein
guter Ort. Und doch bleibt ein schales Gefühl zurück – über ein
statisches Zeremoniell. Liao Yiwu hat scharfe Kritik auch am Westen
und seinen Geschäften mit dem Unrechtsregime geübt. Und alle
anwesenden Politiker spenden Beifall. Der Börsenverein des Deutschen
Buchhandels hat es 2009 hingenommen, dass China die Ausreise des
Kritikers verbot und damit seinen Auftritt auf der Buchmesse
unmöglich machte. Auch ihnen wird die Ehrung jetzt das Gewissen
beruhigen. Moral kennt aber kein Abwägen. Auch darum darf der
Friedenspreis an ein Opfer nicht folgenlos bleiben.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621