Langsam rächt sich die Naivität, mit der die
Energiedebatte seit Jahrzehnten geführt wird. Naiv ist sie deshalb,
weil sie bis heute eine reine „Dagegen“-Debatte ist. Gegen Atomkraft,
gegen Kohlekraftwerke, gegen die Verspargelung der Landschaft durch
Windräder, gegen höhere Strompreise, gegen Hochspannungsleitungen.
Aber für irgendwas muss man sein. Sonst gibt es keinen Strom. Der
neue Umweltminister Peter Altmaier (CDU) ist nicht naiv. Wenn er
jetzt Zweifel an der Machbarkeit der Energiewende äußert, ist das
ehrlich und klug. Ehrlich, weil Altmaier erkannt hat, dass die
Naivität der deutschen Energiedebatte auf die geplante Energiewende
abgefärbt hat. Auch sie verspricht besseren Strom zu billigeren
Preisen. Und setzt dabei auf einen technischen Fortschritt, der im
dafür notwendigen Umfang noch gar nicht absehbar ist. Es war höchste
Zeit, dass ein Mitglied der Bundesregierung auf dieses Risiko
hinweist. Klug ist der neue Umweltminister zudem, weil er die Chancen
der Kassandra-Rolle erkennt. Indem er seinen Warnschuss schon nach
gut 50 Tagen im Amt setzt, vermeidet er, dass er haftbar gemacht
wird, wenn die Energiewende eines Tages an ihren vielleicht zu
ambitionierten Zielen scheitert.
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