Rheinische Post: Es lebe Ai Weiwei!

Ein Kommentar von Bertram Müller:

Nach fast drei Monaten hat die Ungewissheit ein Ende: Ai Weiwei,
der weltberühmte chinesische Künstler und Regimekritiker, ist aus der
Haft entlassen worden. Das ist die gute Nachricht. Sie ist verbunden
mit mehreren schlechten: der Nachricht vom bedrohlichen
Gesundheitszustand Ai Weiweis, der Nachricht, dass der Künstler ein
Steuervergehen gestanden habe, von dem niemand weiß, ob dieser
Vorwurf den Machthabern nicht bloß als Vorwand für eine Verhaftung
diente – und dem Eindruck, dass sich Ai Weiwei nur deshalb befreien
konnte, weil er ein „Geständnis“ ablegte. Ai Weiweis Aktionskunst der
zurückliegenden Jahre bestand vor allem darin, dass er demonstrativ
von Rechten Gebrauch machte, die der Staat garantiert – auf dem
Papier. Sobald man aber von Behörden Auskünfte etwa zum Thema
Umweltschutz erbittet, steht man als Provokateur da. Ai Weiwei hat
durch seine in die Welt-Öffentlichkeit getragenen Anfragen das
politische System Chinas als das kenntlich gemacht, was es ist: eine
Diktatur. Wir sollten aus der Ferne nicht nur Ai Weiwei in seinem
Kampf für die Demokratie unterstützen, sondern auch die vielen
anderen, die nicht so rasch aus der Haft entlassen werden – weil das
chinesische Regime darauf baut, dass niemand sie kennt.

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